So gut sind Supermarkt-Eigenmarken wirklich

Eine Reportage deckt auf: Waren von bekannten Herstellern sind zwar oft teurer als die Eigenprodukte der Supermärkte – aber nicht unbedingt besser. Ganz im Gegenteil. Woran das liegt.
von  Maximilian Neumair
Eigenmarken wie "Ja", "K-Classic" oder "Gut und günstig" sind preiswerter als das vergleichbare Markenprodukt – obwohl sie häufig dieselben Zutaten und Nährstoffe enthalten.
Eigenmarken wie "Ja", "K-Classic" oder "Gut und günstig" sind preiswerter als das vergleichbare Markenprodukt – obwohl sie häufig dieselben Zutaten und Nährstoffe enthalten. © SWR – Das Erste/dp

Klar, die Milka-Schokolade oder die Barilla-Spaghetti kosten zwar mehr als die Konkurrenzprodukte. Aber sie sind ja auch hochwertiger. Wertvollere Zutaten, besserer Geschmack. Zumindest denken das viele.

Eine am Montagabend ausgestrahlte Reportage des SWR zeigt hingegen: Die Eigenprodukte der Supermärkte sind nicht nur günstiger, sie haben auch mindestens dieselbe Qualität. In manchen Fällen enthalten sie sogar die hochwertigeren Zutaten – etwa Müsli oder Schokolade. Kellogg’s verzichtet zum Beispiel auf Honig und hat einen geringeren Weizenanteil als das vergleichbare No-Name-Produkt.

Das identische Produkt kostet unterschiedlich viel 

Oft handelt es sich sogar eins zu eins um dasselbe Produkt mit den gleichen Zutaten und Nährwerten. Um das zu zeigen, begleitete das SWR-Team die Gründer der App MarkenDetektive zu einem Hersteller für Milchprodukte, der angeblich in Gröbenzell angesiedelt sein soll.

Die Adresse führt jedoch nicht zu einer Molkerei, sondern zu einer Wohngegend. Der wahre Produzent: die Andechser Molkerei. Im Edeka-Regal steht deren Schmand neben der ebenfalls von ihnen produzierten Eigenmarke – der eine kostet 1,99 Euro, der andere nur 99 Cent. Ähnlich sieht es auch bei Semmeln, Keksen und Knäckebrot aus – die Eigenmarken-Zwillinge sind zwischen 20 und 36 Prozent günstiger.

Wer beim Einkaufen sparen will, greift auf Eigenmarken zurück. Ein Qualitätsverlust geht damit meistens nicht einher.
Wer beim Einkaufen sparen will, greift auf Eigenmarken zurück. Ein Qualitätsverlust geht damit meistens nicht einher. © Oliver Berg (dpa)

Der Grund laut dem ehemaligen Edeka-Marketingleiter und Mitentwickler von "Gut & Günstig" Hermann Sievers: die Kosteneffizienz und das heißt: "Eine Maschine nicht den halben Tag laufen zu lassen, sondern durch die Produktion von Handelsmarken einen ganzen Tag." Auch bei der Logistik ließen sich so Kosten sparen: Statt ein halber Lkw nur für die Marke, werde ein ganzer Lkw inklusive Handelsmarke an den Abnehmer geliefert. So können die Markenhersteller auch mit günstigen Produkten Gewinn machen.

Familie spart 33 Prozent an der Kasse

Wie viel Geld Verbraucher durch den Kauf von Eigenmarken einsparen können, zeigt sich am Beispiel einer Familie, die in der Reportage bei ihren Einkäufen begleitet wird. Sie verzichtete einen Monat lang auf den Kauf von Markenprodukten – und sparte so rund 33 Prozent an der Kasse.

Das SWR-Team stellte auch selbst einen Warenkorb aus typischen Marken-Produkten zusammen – sowie jeweils einen mit den entsprechenden Eigenmarken der bekannten Supermarkt- und Discounter-Ketten. Das überraschende Ergebnis: Der Einkauf war nicht nur um rund 50 Prozent günstiger, die Eigenmarken kosteten bei allen Anbietern auch gleich viel. Egal ob bei Aldi oder Edeka.

Produkte der Eigenmarken von Rewe (ja!), Aldi (Milsani), Lidl (Milbona) und Edeka (gut & günstig) stehen in einer Küche auf einer Arbeitsplatte. Die vergleichbaren Eigenmarken-Produkte kosten in jedem Supermarkt gleich viel, wie die SWR-Reportage zeigt.
Produkte der Eigenmarken von Rewe (ja!), Aldi (Milsani), Lidl (Milbona) und Edeka (gut & günstig) stehen in einer Küche auf einer Arbeitsplatte. Die vergleichbaren Eigenmarken-Produkte kosten in jedem Supermarkt gleich viel, wie die SWR-Reportage zeigt. © Bernd Weißbrod (dpa)

Die Vermutung liegt nahe, dass die Unternehmen die Preise absprechen – obwohl das Bundeskartellamt so etwas untersagt. Der Grund ist jedoch ein anderer, wie die Marketing-Expertin Hanna Schramm-Klein sagt: "Die Handelsunternehmen beobachten sich gegenseitig, wer welchen Preis setzt und versuchen, gleich positioniert zu sein, weil sie wissen, dass die Kundinnen und Kunden Preise vergleichen."

Marken-Spülmaschinen-Tabs machen schlechter sauber

Manche Eigenmarken sind nicht nur günstiger, sondern auch qualitativ hochwertiger: Im Geschmackstest der Schokoladentafeln belegte Aldi den ersten Platz, Milka und Ritter Sport nur den zweiten und dritten. Noch schlechter schnitten die Spülmaschinen-Tabs bei einer Laboruntersuchung ab: Somat beseitigt Schmutz nur befriedigend, Finish sogar mangelhaft. Die Eigenmarken belegen hingegen die ersten Plätze.

Auf deren Herstellern lastet ein hoher Druck: Supermarkt- und Discounterketten legen großen Wert darauf, wie gut die Produkte bei Stiftung Warentest oder Öko-Test abschneiden. Tun sie das nicht, werden sie aussortiert. Das geht fix, denn die Hersteller erhalten nur Verträge für sechs Monate. Ein Produzent für Eigenmarken, der in der Reportage anonym bleiben wollte, sagte: "Die Lebensmitteleinzelhändler lassen uns regelmäßig ihre Macht spüren." 

Tipp für den Einkauf: Mit der App MarkenDetektive lassen sich Marken-Produkte über den Barcode scannen und so günstigere No-Name-Zwillinge mit denselben Zutaten und Nährwerten im selben Supermarkt finden. Der Verbraucher sieht zugleich, wie viel er spart.

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