Schwere Unwetter in Madeira: „Das war die Sintflut“
FUNCHAL/BRÜSSEL - Mindestens 40 Menschen sterben nach schweren Regenfällen. Schlammlawinen und Sturzbäche zerstören Häuser und Brücken. Noch immer suchen Helfer nach weiteren Opfern
Der Rentner José Silva ist völlig verstört. „Das war das Ende der Welt, die Sintflut. So etwas habe ich noch nie gesehen“, sagt er. Auch die britische Urlauberin Cathy Sayers kann es kaum fassen. „Funchal gleicht einer Geisterstadt“, sagt sie dem Sender BBC. „Die Abwässerkanäle können das viele Wasser, das von den Bergen herunterläuft, einfach nicht auffangen.“ Sie wollte wie viele Touristen in dieser Jahreszeit dem Winter entfliehen – jetzt ist sie in einem Katastrophengebiet.
Stark anhaltender Regen verwandelte am Samstag viele Straßen in reißende Flüsse und löste Erdrutsche aus. Wassermassen und Schlammlawinen rissen Menschen und Bäume mit. Fahrzeuge wurden ins Meer gespült. Brücken stürzten ein, Häuser und Straßen wurden zerstört, der Strom fiel aus. Mindestens 120 Menschen wurden bei dem schlimmsten Unwetter seit 1993 verletzt, mindestens 250 Menschen sind obdachlos. Doch die Zahl der Opfer wird wohl noch steigen.
Am Sonntag waren viele Ortschaften noch von der Außenwelt abgeschnitten, viele Straßen unpassierbar. „Niemand kann sagen, wie viele Vermisste es gibt. Unter den Trümmern und Geröllmassen liegen sicher nicht wenige Tote“, sagt mit zittriger Stimme der Reporter des TV-Senders „SIC“. Er habe gesehen, wie Kinder auf Dächern von Autos verzweifelt um Hilfe geschrien hätten. Menschen flohen im Pyjama und kletterten auf Bäume. „Meine Frau und mein Kind sind tot“, erzählt ein Mann weinend. „Ich habe mich gerettet, weil ich mich an Ästen festklammern konnte.“
„Wir suchen weiter nach Leichen. Wir warten auf die Teams vom Festland“, sagt Helfer Francisco Ramos. Die portugiesische Regierung schickte ein Flugzeug mit Rettungstauchern, Ärzten und Bergungsspezialisten. Die auf Madeira stationierten Soldaten sind mit Rettungshubschraubern im Einsatz.
Im Teilen Hauptstadt Funchal mussten Rettungskräfte wegen Einsturzgefahr mehrere Häuser evakuieren. Hunderte müssen umquartiert werden, sagte Vize-Gouverneur João Cunha. „Unser Hotel wurde geräumt, es liegt nahe am Fluss. Uns wurde gesagt, es bestehe die Gefahr, dass der Boden nachgibt“, sagte der Aymeric Payan, der in einem Hotel arbeitet.
Auf eine solche Tragödie war niemand vorbereitet. Allein zwischen zehn und elf Uhr fielen am Samstag 52 Liter Wasser pro Quadratmeter. „So etwas konnten wir nicht vorhersehen“, sagt die Sprecherin des Meteorologischen Instituts.
Offenbar sind keine deutschen Touristen verletzt oder getötet worden, wie das Auswärtige Amt in Berlin am Sonntag erklärte. Rund 1400 Deutsche sind zurzeit mit TUI und 1-2-Fly auf der Insel. „Nach unseren Erkenntnissen geht es allen Gästen gut“, sagt TUI-Sprecher Michael Blum.
Madeiras berühmtester Sohn ist der Fußballstar Cristiano Ronaldo. Er kündigte schon seine Hilfe an. „Ich bin geschockt und sprachlos. Ich werde helfen, so gut ich kann.“ ta