Schweizer Chef stellt nur Frauen ein

Hier ist der Boss Hahn im Korb: Die Schweizer Riesen-Reederei MSC beschäftigt in ihrem Basler Büro ausschließlich Frauen – 105 insgesamt. Warum? - Das erklärt Firmenchef René Mägli.
BASEL „Frauen sind die besseren Teamspieler, sie arbeiten genauer, und es geht ihnen mehr um die Sache, weniger um Macht“, sagt René Mägli (56), Chef der Frauencrew bei der zweitgrößten Reederei der Welt.
Werden da nicht die Männer diskriminiert? Diesen Vorwurf weist der Bruder dreier Schwestern weit von sich: Er stelle ja nicht prinzipiell nur Frauen ein, aber die seien halt oft besser oder qualifizierter.
Branchenüblicher Lohn
Die Zahlen geben Mägli Recht: Um 25 Prozent steigt der Umsatz im Schnitt pro Jahr. Und wie viel sind ihm seine „Ladies“, wie er sie nennt, wert? Eine Gewerkschaftsumfrage unter den Frauen ergab: Sie bekommen den branchenüblichen Lohn.
Der letzte Mann in der Firma musste vor zehn Jahren seinen Hut nehmen. Mägli mäkelt: „Der hat den Aufstieg der Frauen blockiert. Männer lassen sich halt nur ungern von Frauen überholen.“ In Mäglis Firma hingegen ziehen die Damen aneinander vorbei: Zehn sitzen in Führungspositionen. „Wenn Frauen Chefs sind, sind die Hierarchien flacher“, findet Mägli. Drei der leitenden Damen arbeiten in Teilzeit. „Kein Problem“, sagt Mägli, „das ist doch nur eine Frage der Organisation.“
Das letzte Wort hat der Mann
Sein Chefsessel allerdings steht nicht zur Diskussion: „Wer soll schon an meinem Stuhl sägen, ich bin schließlich seit 25 Jahren Chef.“ Dazu Mäglis Stellvertreterin Patrizia Di Geronimo: „Die letzten Entscheidungen werden halt doch von einem Mann getroffen, auch bei uns.“ Mägli ist der Boss der 85 Frauen in der Containerschiff-Abteilung, auch der Chef der frisch abgespaltenen Kreuzfahrtschiff-Sparte ist ein Mann. „Es gab zwei Kandidaten für diesen Posten auf dem Markt. Die Frau arbeitet jetzt bei der Konkurrenz“, erklärt Mägli.
Wie ist die Stimmung im Büro? „Nun, wir sind nicht hundert Freundinnen, aber die Atmosphäre ist wirklich sehr angenehm“, sagt Patricia Di Geronimo. Zickenalarm? Fehlanzeige. „Da wir ausschließlich Frauen sind, müssen wir uns nicht gegenseitig ausstechen vor einem Mann.“ Wenn es dennoch einmal kriselt, schickt Mägli die Beteiligten gemeinsam zum Essen.
Auch der Boss selbst will für entspannte Stimmung sorgen – und versucht bei seinen Ladies als Frauenversteher zu punkten: „Schlüpfrige Witze im Büro sind natürlich tabu.“ Auch eine Sekretärin will er nicht. Das, sagt Mägli, sei „Machogehabe“.
D. Schanzenbach