Schöne neue Welt
Klimawandel, Finanzkrise, knappe Ressourcen: Wie wird sich unsere Welt bis 2030 entwickeln? Wissenschaftler entwerfen fünf Szenarien.
Was die Zukunft bringt, fragt sich fast jeder ständig. Das renommierte britische „Forum for the Future“ wagt jetzt eine wissenschaftlich fundierte Prognose zur Frage, wie die Welt um Jahr 2030 aussehen könnte. Befragt wurden mehr als 70 Experten. Fünf sehr widersprüchliche Visionen kamen dabei heraus:
Das Zeitalter der Technologie Neue Techniken und vor allem eine wesentlich verbesserte Energie-Ausnutzung haben dafür gesorgt, dass auf das klimaschädliche CO2 weitgehend verzichtet werden kann: ohne Einschränkungen beim Lebensstil oder in der Wirtschaft. Hunderte Millionen Menschen werden mit künstlich gezüchtetem Fleisch ernährt, Super-Computer nehmen Regierungen und Verwaltungen viel Arbeit ab. An vielen Küsten der Erde gibt es riesige Gezeitenkraftwerke, die einen Großteil des globalen Energiebedarfes abdecken. Das Ergebnis ist eine zunehmend individualistische, konsumorientierte und sich schnell verändernde Welt. Manche nennen sie das goldene Zeitalter der Technologie und der Freiheit, für andere ist es ein wackliges Kartenhaus, das sehr schnell zusammenkrachen kann.
Die Dienstleistungs-Periode Kohlendioxid-Ausstoß ist hoch besteuert. Eine Dienstleistungswirtschaft hat deshalb die klassische Industrie abgelöst. Das macht die gemeinschaftliche Nutzung bestimmter Güter erforderlich – Car-sharing ist die Norm.
Wegen des extremen Wassermangels sind weite Teile Australiens, aber auch der US-Staat Oklahoma menschenleer. Die Truppen der Nato stehen bereit, um notfalls mit kriegerischen Mitteln die Durchsetzung der Maßnahmen des Pekinger Klimaschutz-Abkommens von 2020 durchzusetzen. Mega-Städte mit 10 Millionen Einwohnern und mehr werden der Armut ihrer Bewohner nicht mehr Herr.
Die Selbstfindungsphase Nach der 2009 bis 2018 dauernden Depression sehen die meisten Menschen den Zweck des Geldes anders als zu Beginn des Jahrhunderts. Sie legen großen Wert auf Lebensqualität. Die Staaten wetteifern um die besten Positionen im „Wohlfühl-Index der Weltbank“. Die EU hat die wöchentliche Arbeitszeit streng auf 27,5 Stunden begrenzt. In den USA sind es nur 20 Stunden.
Der Umwelt-Krieg Jahrzehntelange Bemühungen um Klimavereinbarungen sind gescheitert. Der Welthandel ist zusammengebrochen, der Ölpreis liegt bei über 400 Dollar pro Barrel. Persönliche Freiheiten sind drastisch eingeschränkt worden, der Energieverbrauch gesetzlich vorgeschrieben, Heiraten und Kinderkriegen ist genehmigungspflichtig. Aus Ländern, die von schlimmen Unwettern verwüstet sind oder in denen es keine Nahrung und kein Wasser mehr gibt (Bangladesh, Zentralafrika) fliehen die Menschen. Millionen suchen eine neue Heimat, ein Ziel ist die Antarktis, wo inzwischen 3,5 Millionen Menschen leben.
Der radikale Protektionismus In dieser düsteren Welt des Jahres 2030 werfen sich die Staaten trotz Klimaabkommens gegenseitig Betrug und den Betrieb illegaler Kraftwerke vor. Oft brechen bewaffnete Konflikte um Ressourcen aus. Im Nahen Osten hat der Kampf um Trinkwasser biologisch und chemisch geführte Kriege ausgelöst.
Die Folge: radikaler Protektionismus. Jeder versucht, zu retten, was er hat. Der Handel wird erschwert, Hunger und Seuchen raffen Millionen dahin.
Michael Heinrich
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