Schmutziger Angriff: Cyber- Attacke auf CO2-Handel

Betrüger knacken den Online-Zugang zu amtlichen Registern und damit zum Austausch von Verschmutzungs-Rechten. Es ist ein Millionen-Schaden, Ämter in ganz Europa sind geschlossen.
von  Abendzeitung
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MÜNCHEN - Betrüger knacken den Online-Zugang zu amtlichen Registern und damit zum Austausch von Verschmutzungs-Rechten. Es ist ein Millionen-Schaden, Ämter in ganz Europa sind geschlossen.

Schmutziger Angriff aufs Geschäft mit dem Klimaschutz: Computer-Hacker haben ähnlich wie beim Phi-shing im Online-Banking den Zugang zum amtlichen Handel mit CO2-Zertifikaten geknackt. Über ein dänisches Konto wurden 250 000 Zertifikate im Börsenwert von zwölf Euro je Stück geklaut.

CO2-Zertifikate verbriefen Firmen das Recht, eine bestimmte Menge Kohlendioxid in die Luft zu jagen. Betriebe, die wenig oder zuviel Schmutz erzeugen, können ihre Zertifikate an andere Firmen verkaufen oder neue Zertifikate zukaufen – beispielsweise über die Münchner Börse. Auf diese Art soll ein Anreiz geschaffen werden, möglichst umweltschonend zu produzieren.

Absehbar war aber, dass die Verschmutzungsrechte irgendwann als Hehlerware in Umlauf gelangen würden. Der Zertifikate-Handel eignet sich schließlich bestens für unsaubere Geschäfte: Grenzüberschreitende Abschlüsse, bei deen Spuren verwischt werden können, alles läuft per Mausklick ab – ein gefundenes Fressen für Cyber-Gauner. Schon 2009 ermittelten Fahnder deswegen unter anderem in Bayern. Damals ging es um Mehrwertsteuerbetrug mit Hilfe von Zertifikaten.

Jetzt sicherten sich die Hacker offensichtlich die Zugangsdaten zahlreicher Firmen fürs amtliche Register, in dem die Emissionsrechte eingetragen werden. Nach Informationen der „FTD" täuschten die Betrüger in einer E-Mail an mehrere europäische sowie einige japanische und neuseeländische Unternehmen eine Mitteilung der Potsdamer Emissionshandel-Stelle vor. Darin habe es ironischerweise geheißen, zur Abwehr drohender Hackerangriffe müssten sich die Empfänger neu registrieren.

Allein ein mittelständischer Industriebetrieb verlor auf diese Art Rechte im Wert von 1,5 Millionen Euro, berichtet die „FTD“. Betroffen sind auch Stromversorger und Händler. „Der Angriff war hochprofessionell", sagte ein Mitarbeiter der Emissionshandelsstelle. Das Bundeskriminalamt ist eingeschaltet. Potsdam hat den Betrieb eingestellt. „Dabei bleibt es mindestens für den Rest dieser Woche", sagte eine Sprecherin. Zu Beginn der Woche machten auch Schwesterbehörden in Belgien, Dänemark, Spanien, Ungarn, Italien, Griechenland, Rumänien und Bulgarien dicht.

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