Russische Sektenanhänger verlassen ihr Erdloch
Eine Sintflut hat die Mitglieder der russischen Sekte ereilt, die in einem unterirdischen Tunnelsystem auf das Ende der Welt warteten. Weitere 14 Personen sind am Dienstag von ihrem «Propheten» Kusnezow abgefallen.
Nach fünf Monaten Aufenthalt in einem Erdloch in Russland haben am Dienstag 14 Anhänger einer Weltuntergangssekte ihren Unterschlupf verlassen. Die Menschen, unter ihnen zwei Kinder, seien der unterirdischen Höhle in der Nähe von Pensa an der Wolga entstiegen, sagte der Vizegouverneur des Gebietes, Oleg Melnitschenko. Die Polizei hoffe, auch die übrigen 14 selbstmordgefährdeten Sektenanhänger, darunter ebenfalls zwei Kinder, zur «Rückkehr ans Tageslicht» bewegen zu können. Das Erdloch hatte sich nach Regenfällen mit Wasser gefüllt. Für die Menschen sei der Aufenthalt dort zunehmend gefährlich geworden.
Zwei Kammern der Höhle waren am Dienstag überflutet und zerstört worden, wie die Behörden mitteilten. Am Freitag hatten die ersten sieben Sektenanhänger das unterirdische Tunnelsystem verlassen, nachdem das Frühlingshochwasser in die Höhle eingedrungen war. Die Frauen wurden von Sanitätern behandelt und der Polizei vernommen. Die 31 Erwachsenen und vier Kinder hatten sich dort - 640 Kilometer südöstlich von Moskau - Anfang November 2007 verschanzt, um den erwarteten Weltuntergang zu überleben. Die Mitglieder der Sekte «Wahre russisch-orthodoxe Kirche» drohten, sich mit Hilfe von 400 Liter Benzin zu verbrennen, sollten die Behörden eingreifen. Freiwillig wollten die Sektenmitglieder ihre Höhle erst am 28. Mai verlassen. An diesem Tag geht nach ihrer Überzeugung die Welt unter.
Der Sektenanführer und selbsternannte «Prophet» Pjotr Kusnezow wird sich laut Medienberichten wegen der Manipulation der leichtgläubigen Menschen vor Gericht verantworten müssen. Der 44 Jahre alte Familienvater war im November in die Psychiatrie eingewiesen worden. Er gilt nach Expertengutachten als nicht zurechnungsfähig. Die russisch-orthodoxe Kirche warnte angesichts dieses Falls vor der Ausbreitung «gefährlicher Sekten». (dpa/AP)
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