Produkttests von Stiftung Warentest, Öko-Test und Co.: Wem man trauen kann und wem nicht

Frankfurt/München - Wer sich für einen neuen Staubsauger, Laptop oder auch nur ein Deodorant interessiert, kann, wenn er will, eine Menge Informationen vorab einholen - nicht beim Hersteller, sondern durch Kundenrezensionen oder durch Tests.
Wer danach online sucht, findet zahllose Seiten, die das Wort "Test" schon im Namen tragen – doch wie wertvoll sind all diese Angaben?
Test-Experte in der AZ: "Die allermeisten Tests sind nicht seriös"
Jürgen Stellpflug hat es sich zur Aufgabe gemacht, Tests zu testen, und kommt zu dem vernichtenden Urteil: "Die allermeisten Tests sind nicht seriös." Denn es handele sich in der Regel gar nicht um eine echte Prüfung im Labor, sondern es würden nur Daten aus dem Internet abgeglichen. Warum schießen diese Angebote dann wie Pilze aus dem Boden? "Es gibt sie nur, weil man damit Geld verdienen kann", sagt Stellpflug der AZ.

Er kennt sich aus mit der Thematik: Fast 30 Jahre war er Chefredakteur bei "Öko-Test", bis man sich im Unfrieden trennte. Jetzt betreibt er mit einem Kollegen die Seite testwatch.de und nimmt Produktprüfungen unter die Lupe. Acht bis zehn Internetseiten schauen sie sich im Monat an.
"Die User werden von diesen Testveranstaltern weitergeleitet an Online-Shops. Von diesen Shops bekommen die Testveranstalter Geld, wenn die User Produkte kaufen." Eine zweite Einnahmequelle seien Labelverkäufe. Die Testbetreiber kreierten ein Label und verkauften es an die Hersteller.
Anteil seriöser Anbieter liegt "unter einem Prozent"
Ein grundlegender Mangel bei unseriösen Tests sei, dass es keine Transparenz gebe, kritisiert Stellpflug. Es sei nicht nachvollziehbar, wie untersucht und warum etwas als "gut" oder "schlecht" bewertet wurde.
Seine Warnung: Wenn von einem bloßen Vergleich die Rede sei, obwohl der Seitenname auf einen Test verweise, handele es sich um unseriöse Angaben. Der Anteil der vertrauenswürdigen Anbieter beträgt nach Stellpflugs Ansicht "unter ein Prozent". Warum man keine echten Tests anbietet? Zu teuer sei das, sagt der Journalist. Zehntausende Euro koste einer, wie ihn etwa die Stiftung Warentest realisiert.
Hinter vielen Tests verbirgt sich eine Werbestrategie
"Ergebnisse von Produkttests können dann hilfreich sein, wenn sie wirklich unabhängig durchgeführt worden sind", sagt Tatjana Halm, Referatsleiterin Recht und Digitales bei der Verbraucherzentrale Bayern, der AZ. "Daher ist es sehr wichtig, sich die Bedingungen, Voraussetzungen und Anforderungen der Tester genau anzusehen. Nur dann kann man einschätzen, ob die Tests objektiv sind oder doch eher als Werbung für bestimmte Produkte zu bewerten sind."
Ein Alarmzeichen sollte es für Verbraucher sein, wenn man zu einer Verkaufsplattform weitergeleitet wird, sagt auch Halm. "Da sollte man dann genau schauen, ob wirklich unabhängig getestet wurde." Auch wenn derselbe Test auf unterschiedlichen Portalen auftauche, sei dies ein Indiz für einen nur vermeintlich unabhängig durchgeführten Test – und tatsächlich für eine Werbestrategie. Manchmal erscheine ein Produkt mit der Bewertung 1,7 und "sehr gut" auf dem einen Portal und mit der Note 2,4 und "gut" auf einem anderen, so beschreibt es Stellpflug.
Getestete Tester zeigen keine Einsicht
Der Journalist informiert die von Testwatch untersuchten Anbieter, doch: "Einsicht gibt es überhaupt nicht." Seinen ehemaligen Arbeitgeber "Öko-Test" schont er ebenfalls nicht, sondern sagt, das Magazin "versucht, seriös zu sein", schaffe es aber nicht immer. Ein Kritikpunkt: Mineralölbestandteile würden immer gleich bewertet, ein Gehalt von mehr als vier Milligramm führe zum Urteil "mangelhaft", bis ein Milligramm "sehr gut". Die Abwertungsgrenzen seien immer gleich. Das sei problematisch.
Als Beispiel nennt Stellpflug einen Test zum mineralölhaltigen Kurkuma, bei dem ein Milchpulver mit "sehr gut" bewertet worden sei, obwohl bei Verzehr der empfohlenen täglichen Pulvermenge ein Säugling deutlich mehr Mineralölkohlenwasserstoffe zu sich nehme als ein Erwachsener – mit einer täglichen Kurkuma-Verzehrsmenge von 1,5 Milligramm – bei einem als "mangelhaft" bewerteten Kurkuma. Und dies nur aufgrund der absolut geltenden Werte.
Auf Anfrage schreibt "Öko-Test" zu der Kritik: "Bei diesem Thema setzen wir sehr strenge Abwertungsgrenzen an und beurteilen Lebensmittel nach Gehalt pro Gewicht. Damit wird ein Richtwert für unterschiedliche Produktgruppen herangezogen. Dies ist ein gängiges Verfahren in der deutschen Warentestpraxis" – das auch bisher nicht in einem gerichtlichen Verfahren angegriffen worden sei.
Aluminium in Deos: Fake-Tests bei Öko-Test?
Auf den auf testwatch.de häufig erhobenen Vorwurf, das Magazin verlasse sich bei Inhaltsstoffen auf Herstellerangaben, statt diese zu überprüfen, erwidert "Öko-Test": "Wir verlassen uns bezugnehmend auf unsere Tests nicht auf Herstellerangaben, sondern unterziehen Deklarationen umfangreichen Plausibilitätsprüfungen und beauftragen im Bedarfsfall Untersuchungen in akkreditierten und spezialisierten Laboren."
Bei einem aktuellen Test zu Deodorants ohne Aluminium wirft Testwatch den Prüfern vor, es handele sich in Teilen "um einen Fake-Test", weil nicht untersucht worden sei, ob wirklich kein Aluminium enthalten ist. Es habe "keine Verdachtsmomente" gegeben, schreibt "Öko-Test" dazu, "welche die Überprüfung von Aluminium mittels Labor notwendig hätten erscheinen lassen".
Vorwürfe lassen "Öko-Test" ratlos zurück
Die Verbraucher seien nicht über das Vorgehen beim Test getäuscht worden. "Wir legen für jeden Test transparent dar, wie wir vorgehen und wecken bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern keine Fehlvorstellungen darüber, was wir im Rahmen der Deklarationsprüfung feststellen und welche Parameter wir im Labor prüfen lassen." Die Vorwürfe von Testwatch ließen "Öko-Test" ratlos zurück, heißt es weiter.
Trotz dieser unterschiedlichen Sichtweisen: Stiftung Warentest - deren Verfahren Stellpflug aber auch als "nicht nachvollziehbar" kritisiert - "Öko-Test" und auch den ADAC zählt der Journalist zu den um Seriosität bemühten Anbietern.
"Guckt euch einfach mehrere Seiten an", rät er Verbrauchern auf Produktsuche. "Achtet darauf, dass es wirklich Tests sind." Auch seien dem einen andere Dinge wichtiger als dem anderen. Sei Schadstoffbelastung relevant, könne man sich Richtung "Öko-Test" orientieren, sei etwa der Geschmack wichtiger, eher in Richtung Stiftung Warentest.
Grundsätzlich könnten Tests hilfreich für eine Kaufentscheidung sein, sagt Verbraucherschützerin Tatjana Halm. "Handelt es sich wirklich um unabhängige Tests, dann sind diese sicher eine sehr gute Informationsquelle, da objektive Maßstäbe in den Vergleich einfließen."