Neue Angst vor alten Meilern

Wie sicher sind die Kraftwerke bei uns – kann so ein Unfall auch hier passieren?
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Das Atomkraftwerk Biblis
dpa Das Atomkraftwerk Biblis

Wie sicher sind die Kraftwerke bei uns – kann so ein Unfall auch hier passieren?

Berlin -  Bei Tschernobyl hat man es noch auf einen sowjetischen Schrottreaktor schieben können. Fukushima steht in einem hochtechnologisierten Land, das seine Reaktoren besonders erdbebensicher macht – und es kam trotzdem zur Katastrophe. Ein Punkt, der für ein mulmiges Gefühl sorgt: Wie wäre das bei uns?

Wie sicher sind die deutschen Kernkraftwerke im Vergleich zu den japanischen? Die Standards sind ähnlich, vor allem bei den Siedewasserreaktoren wie in Fukushima. Sicherheitsexperten kritisieren vor allem die alten Siedewasserreaktoren der Baulinie 69: Isar I, Philippsburg I und Brunsbüttel. Sie sind nur wenig jünger als Fukushima, und in einigen Punkten sogar schlechter gerüstet. Greenpeace-Experte Heinz Smital: „Wir sehen gerade in Japan, wie wichtig der Sicherheitsbehälter ist.” Im Gegensatz zu der japanischen Betonhülle besteht er bei den drei deutschen Meilern aber aus Stahl. Beton wird bei extremer Hitze langsam mürbe, Stahl schmilzt einfach weg.

Was ist mit der Erdbebentauglichkeit? Die japanischen Kraftwerke sind auf stärkere Beben ausgelegt als die deutschen – dort gibt es eben auch stärkere Erdbeben. Dies ist das Hauptargument der deutschen Atombranche, warum so eine Katastrophe bei uns eben nicht passieren könne. „Eine Verkettung eines derart schweren Erdbebens und eines schweren Tsunamis ist in Deutschland nicht vorstellbar”, erklärt das Deutsche Atomforum. Laut Umweltministerium müssen in Deutschland Atomkraftwerke jeweils gegen das schwerste jemals gemessene Beben im Umkreis von 200 Kilometern ausgelegt sein. Zum Beispiel der Rheingraben ist „seismisch aktiv”, dort stehen Neckarwestheim und Philippsburg.

Welche Probleme kann es sonst noch geben? Ein Tsunami kommt in der Tat nicht in Frage, aber es gibt andere mögliche Probleme – Blitzeinschlag, Terrorangriffe und vor allem Flugzeugabstürze. Bei der Debatte um die Laufzeitverlängerung hatten Experten immer wieder gewarnt, dass vor allem die sieben ältesten Meiler, die vor 1980 ans Netz gegangen sind, nicht ausreichend gegen den Absturz von Flugzeugen geschützt seien.

Wie steht es um die Stromversorgung? Sie ist die Achillesferse jedes Atomkraftwerks: „Wenn in deutschen Reaktoren die Kühlsysteme nicht mehr funktionieren, etwa weil ihnen die gesamte Stromversorgung fehlt, landen wir in der gleichen Lage wie jetzt Japan”, sagt Reaktorsicherheitsexperte Michael Sailer. Stromausfälle gibt es nicht nur nach Tsunamis, sondern etwa auch nach Blitzeinschlägen, Unwettern oder technischen Pannen. „Es ist falsch zu sagen, in Deutschland seien solche Dinge unmöglich.” Die Atombranche hält dagegen, in Deutschland stünden mehr Dieselgeneratoren für den Notfall zur Verfügung, es gebe vier Sicherheitsstränge und nicht nur zwei wie in Japan.

Was werden für Konsequenzen gezogen? Das Sicherheitskonzept der 17 deutschen Kraftwerke wird im Rahmen der Laufzeitverlängerung ohnehin gerade überprüft: Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um sie für die vereinbarten weiteren durchschnittlich zwölf Jahre fit zu machen? Während sich der Konzern RWE durchhaltewillig gibt („Alter ist kein Maßstab für Sicherheit”), gibt sich EnBW nachdenklicher: „Das macht betroffen. Wir müssen die Vorgänge analysieren und Konsequenzen ziehen.”

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