Nazi-Symbole an Ludwigshafener Brandruine

Nach dem tödlichen Brand in Ludwigshafen haben sich Experten auf die Suche nach der Ursache begeben. Bislang gibt es keine Hinweise auf Brandbeschleuniger.
Nach dem Brand, bei dem in Ludwigshafen neun Menschen ums Leben kamen, herrscht über die Brandursache weiter Unklarheit. Erstmals hätten am Mittwoch Sachverständige das Haus betreten können, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
Die Polizei wird bei ihren Ermittlungen von Experten des Bundeskriminalamts (BKA) unterstützt. Ein BKA-Sprecher sagte, darunter seien «vorsorglich» auch Vertreter des Staatsschutzes. Der Staatsschutz wäre bei einem rassistisch motivierten Anschlag zuständig.
SS-Runen schon vor dem Brand am Haus
An dem ausgebrannte Haus fanden Ermittler Nazi-Symbole. Neben dem Eingang zu dem türkischen Kulturverein im Erdgeschoss findet sich zwei Mal die Aufschrift «Hass», wobei die beiden letzten Buchstaben jeweils im Stil der SS-Runen geschrieben sind. Da das Gebäude seit dem Brand abgesperrt worden sei, müssten die Schmierereien vorher angebracht worden sein. Wann genau, sei jedoch unklar. Die konservative Zeitung «Zaman» berichtete zudem unter Berufung auf Angehörige der Brandopfer in der Türkei von fremdenfeindlichen Drohungen gegen die Bewohner des Hauses. Eingegangen seien diese, nachdem im Erdgeschoss des Hauses ein türkisches Kaffeehaus eröffnet worden sei. Schon im August 2006 hatten außerdem unbekannte Täter zwei Molotow-Cocktails in das Gebäude geworfen, die aber nur wenig Schaden anrichteten.
Bislang kein Hinweis auf Brandbeschleuniger
Der Leiter der Staatsanwaltschaft Frankenthal, Lothar Liebig, sagte, die Ermittlungsbeamten hätten das einsturzgefährdete Gebäude nach möglichen weiteren Opfern und nach Brandbeschleuniger wie Benzin abgesucht. Die Experten müssten ihre Untersuchungen aber gewiss noch einen oder gar noch zwei Tage fortführen, so Liebig. Bislang gebe es keinerlei Hinweise auf den Einsatz von Brandbeschleuniger. Er betonte zugleich: «Wir können derzeit keinerlei Brandursache ausschließen.» Nach ersten Befragungen von zwei Kindern sagte der Oberstaatsanwalt, beide hätten wie schon gegenüber dem Fernsehsender RTL von einem Mann berichtet, der im Eingangsbereich des Hauses mit Feuer hantiert habe. Nach der Beschreibung der beiden Mädchen soll ein Phantombild des Mannes angefertigt werden. Es bleibe abzuwarten, ob die Angaben der Kinder reichten, um eine Zeichnung zu erstellen. Die Anhörung der Kinder sei am Dienstag unterbrochen worden, weil die Kinder erschöpft und von den Vorgängen mitgenommen gewesen seien.
Kritik an Ministerpräsident Beck
Muslimische Organisationen kritisierten unterdessen den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck für seine Aussage vom Montag, wonach es keine Hinweise auf einen fremdenfeindlichen Anschlag gebe. Diese Äußerung des SPD-Vorsitzenden sei sehr verfrüht gewesen, sagte der Generalsekretär des Islamrates, Burhan Kesici, dem «Münchner Merkur» Auch der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, hatte gefordert, die Behörden sollten die Ermittlungen in alle Richtungen fortführen.
Aufruf zu Besonnenheit
Die Staatsministerin für Integration, Maria Böhmer, rief die türkischen Medien, die über ein zweites Solingen spekuliert hatten, zu Zurückhaltung auf. Deutsche und türkische Ermittler würden das Unglück so schnell wie möglich aufklären, versicherte die CDU-Politikerin, die einen Kranz am Brandort niederlegte. Niemand dürfe voreilige Schlüsse ziehen. Zeitungen und Rundfunkanstalten müssten zudem auch deutlich machen, wie hoch der Einsatz der Rettungskräfte war. Auch der türkische Staatsminister für die im Ausland lebenden Türken, Mustafa Said Yazicioglu, besuchte die Unglücksstelle. Auch er rief seine Landsleute in Deutschland zur Besonnenheit auf. Die deutschen Ermittler täten alles, um die Brandursache zu klären, sagte der Minister türkischen Fernsehsendern. «Auch die Deutschen sind wegen der Ereignisse aufgebracht», ergänzte Yazicioglu. «Die Brandursache wird gefunden werden.» Am Donnerstag wollte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan selbst an den Brandort kommen.
Personenschutz für Feuerwehrleute
Am frühen Morgen machte ein 37-jähriger, in der Türkei geborener Mann einem Feuerwehrmann zunächst Vorhaltungen und schlug ihn dann nieder, so dass er umfiel. Polizeipräsident Wolfgang Fromm führte aus, inzwischen würde schon über Personenschutz für die Feuerwehrleute diskutiert: «Das dürfen wir nicht hinnehmen», sagte er. Fromm sagte weiter, die Kritik an der Feuerwehr sei tendenziös und falsch: «Es geht nicht an, dass diese Menschen beleidigt, bedroht und bespuckt werden.» Retter würden zu Tätern gemacht. Weil in der Öffentlichkeit der Vorwurf aufgekommen, war die Brandbekämpfer seien zu spät am Ort des Geschehens gewesen, stellte Bürgermeister Wilhelm Zeiser eine Auswertung der Ereignisse vor. Diese sei gerichtsfest, betonte er. Demnach ging der Notruf bei der Feuerwehr um 16.22 Uhr ein, bereits um 16:24 seien erste Einsatzkräfte am Ort gewesen. Dabei habe es sich um Freiwillige Wehren gehandelt, die wegen des Faschingsumzugs in der Nähe waren. Die Feuerwehrleute hätten sofort Stehleitern aufgestellt. Schon um 16.14 Uhr seien weitere Fahrzeuge eingetroffen, die auch mit Drehleitern ausgerüstet gewesen seien. Insgesamt hätten Feuerwehr und Polizei 47 Menschen aus dem Haus gerettet. Die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Eva Lohse berichtete von einer ungebrochenen Hilfsbereitschaft der Bevölkerung gegenüber den Überlebenden der Katastrophe. So seien auf einem Spendenkonto der Stadt inzwischen mehr als 50.000 Euro eingegangen, 400 Menschen hätten sich in das Kondolenzbuch eingetragen. (nz)