Nach dem Beben in Haiti: Geburten und Gewalt

Im von der verheerenden Naturkatastrophe zerstörten Port-au-Prince geschehen täglich kleine Wunder. Doch gleichzeitig eskalieren auch die Plünderungen und bewaffneten Übergriffe
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Im von der verheerenden Naturkatastrophe zerstörten Port-au-Prince geschehen täglich kleine Wunder. Doch gleichzeitig eskalieren auch die Plünderungen und bewaffneten Übergriffe

PORT-AU-PRINCE Doch. Es gibt sie noch, die kleinen positiven Geschichten aus dem verwüsteten Haiti. Zum Beispiel die Geburt von Baby „Israel“. Der Bub wurde am Wochenende in einem israelischen Feldlazarett in der Hauptstadt Port-au-Prince zur Welt gebracht. Die 25-jährige Mutter hatte sich dorthin geflüchtet, als ihre Wehen einsetzten. „Es war so bewegend“, sagt die israelische Hebamme Efrat Schreier. „Sie war die einzige Gebärende, alle kümmerten sich um sie.“ Aus Dankbarkeit nannte die Mutter ihren Sohn „Israel“.

Und noch ein weiteres Baby kam in den Wirren in Port-au-Prince zur Welt. Sie entband ihr Kind auf dem im Hafen den ankernden Kutter „Tahoma“ der Küstenwache. Und positiv ist auch, dass fast eine Woche nach dem verheerenden Erdbeben immer noch Überlebende aus den Trümmern gerettet werden.

Gestern fanden die Helfer zum Beispiel den dänischen UN-Mitarbeiter Jens Tranum Kristensen nur leicht verletzt in den Ruinen des Hauptquartieres seiner Organisation.

Und am Sonntagabend gelang es Rettungskräften, aus den Trümmern eines Supermarkts zwei Überlebende zu bergen. Der 30 Jahre alte Mann und die 40-jährige Frau konnten sich von Lebensmitteln des eingestürzten Ladens ernähren. Zuvor hatte ein Polizist gemeldet, drei weitere Menschen seien gerettet worden. Allerdings sinkt die Chance für die Verschütteten von Stunde zu Stunde.

Dieser Ansicht ist auch Rainer Löb, Arzt beim Malteser Hilfsdienst in Köln. Er sagt in einem Interview: „Ohne Flüssigkeit mehr als drei Tage zu überleben, ist sehr unwahrscheinlich. Es kommt aber doch ab und zu mal vor.“

Ddass auch in den nächsten Tagen noch Überlebende in den Trümmern gefunden werden, hält Löb daher für sehr unwahrscheinlich: „Man wird nur noch mehr oder weniger durch ein Wunder Überlebende finden. Es sei denn, die Verschütteten haben, aus welchem Grund auch immer, Flüssigkeitsreserven bei sich.“

Trauer, Not, Hunger und Durst schlagen in der verwüsteten Stadt aber auch immer mehr in Gewalt um. Die Polizei fuhr in Port-au-Prince mit Lastwagen in eine Menge, um Hunderte Menschen auseinanderzutreiben. Sie hatten versucht, Güter aus zerstörten Läden mitgehen zu lassen.

Im Elendsviertel Cité Soleil beobachtete ein Reporter, wie ein Bewaffneter einem Motorradfahrer einen Sack Reis raubte. Und im Stadtteil Delmas sammelte sich eine Menschenmenge an den Leichen von zwei mutmaßlichen Plünderern, die von aufgebrachten Einwohnern erschlagen worden waren.

Vermummte junge Männer zogen mit Macheten durch die Stadtviertel. Die Behörden warnten davor, dass sich die Gewalt ausbreiten könnte. Ein Polizist sagte, es gebe die Anordnung, nur im Notfall auf Menschen zu schießen. „Wir sind zu wenig und diese Leute sind zu verzweifelt.“

Die Regierung hat eine Woche nach dem Beben den Ausnahmezustand verhängt. Außerdem wurden die USA offiziell ersucht, für die Sicherheit in Haiti zu sorgen und langfristig beim Wiederaufbau zu helfen. mh

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