Mutmaßlicher Mädchenmörder nach 26 Jahren vor Gericht
Osnabrück - Es ist der Alptraum aller Eltern: Ihr Kind geht morgens alleine zur Schule - und wird Opfer eines Verbrechens. Am 27. November 1987 geschah genau das in Osnabrück: Die neunjährige Christina machte sich allein auf den Schulweg, ohne ihre Freundinnen, weil sie verschlafen hatte.
Bei einer Kleingartenanlage packt sie ein 19-Jähriger. Er versucht sie zu vergewaltigen. Als das Mädchen droht, seiner Mutter davon zu erzählen, tötet er das Kind. Mehr als 26 Jahre nach der Tat, steht nun von Donnerstag an der mutmaßliche Mörder vor Gericht. Er muss sich für die Tötung des Kindes verantworten, nicht für die Sexualstraftat. Die ist inzwischen verjährt.
Der heute 45 Jahre alte Mann wurde im vergangenen September gefasst. Moderne Technik kam den Ermittlern zu Hilfe: Dank neuer Untersuchungsmethoden konnten die Experten DNA-Spuren an einem Kleidungsstück des Mädchens feststellen. Im vergangenen Jahr zeigten sie den ungelösten Fall in der Fernsehsendung "Aktenzeichen XY... ungelöst". Nach Hinweisen aus der Bevölkerung stieß Polizei auf den 45-Jährigen. Er gab die Tat zu.
Die Angehörigen seien erleichtert, dass nach mehr als einem Vierteljahrhundert ein Täter ermittelt werden konnte, sagt der Anwalt des Vaters von Christina, André Knapheide. Der Vater tritt bei dem Prozess als Nebenkläger auf. Weder die Mutter noch der Bruder wollten ihr Recht ausüben, als Nebenkläger am Prozess teilzunehmen, so der Sprecher des Landgerichts, Holger Janssen.
Auch die Familie und die Angehörigen des Mädchens seien Opfer gewesen, macht Knapheide deutlich. "Es besteht die Hoffnung, dass das Gericht eine Entscheidung treffen wird, mit der mein Mandant und die Familie in der Lage sind, mit diesem schrecklichen Ereignis auch abzuschließen", sagt der Anwalt. Die Angehörigen wollten endlich zur Ruhe kommen und nicht mehr mit der Ungewissheit leben, dass vielleicht nie jemand für diese schreckliche Tat zur Verantwortung gezogen wird.
Sein Mandant wolle die Tat aufklären und reinen Tisch machen, verspricht der Anwalt des mutmaßlichen Täters, Frank Otten. "Er wird sich umfassend im Prozess einlassen", betont der Pflichtverteidiger. Wegen des Alters seines Mandanten zur Tatzeit wird die Tat vor der Jugendkammer verhandelt. Die Öffentlichkeit solle nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, sondern nur, wenn intime Details zur Sprache kommen. Alles, was zum Tatgeschehen gehöre, wolle er öffentlich erzählen. "Er will Ross und Reiter benennen, er will, dass man es ihm abnimmt", sagt Otten.