Morgens noch betrunken
Der Abbau geht viel langsamer vor sich, als man meint: Die Gefahren durch Restalkohol werden oft unterschätzt.
München - Heute Morgen wird es wieder vielen Menschen so gehen. Nach durchzechter Nacht wacht man auf, trinkt einen starken Kaffee und isst einen sauren Hering. Dann geht’s zur Arbeit. Mit Kopfschmerzen, Übelkeit, also einem dicken Kater. Doch der ist vergleichsweise harmlos. Denn die wenigstens Zecher wissen, dass sie auch nach einigen Stunden Schlaf immer noch kräftig Restalkohol im Blut haben. Das ist gefährlich – nicht nur beim Autofahren.
Es ist eine verbreitete Illusion zu glauben, dass Schlaf, Wechselduschen oder ein Katerfrühstück – ganz gleich mit welchen Zutaten – den Alkohol im Blut reduziert. Frank Mushoff von Institut für Rechtsmedizin in Bonn sagt: „All das hilft vielleicht bei der Katerbekämpfung und fördert das Wohlbefinden, doch der Wert des Restalkohols ändert sich dadurch nicht.” Und der kann auch noch am nächsten Morgen beträchtlich sein.
Ein Beispiel: Ein Mann von 80 Kilogramm Gewicht trinkt von acht Uhr abends bis ein Uhr nachts stündlich einen halben Liter Bier und jeweils einen Schnaps – also insgesamt drei Maß und sechs Stamperl Hochprozentiges. Er hat – dies ist ein Durchschnittswert und hängt auch vom Alter, Gewicht sowie von den Trinkgewohnheiten ab – dann 1,55 Promille im Blut. Und deren Abbau braucht länger als viele meinen. Denn pro Stunde kann der Körper nicht mehr als durchschnittlich 0,1 Promille abbauen – egal, wie viel man zum Beispiel in dieser Zeit gegessen hat.
Wenn sich unser Beispiel-Mann also morgens zwischen 6 und 9 Uhr auf den Weg zur Arbeit macht, hat er immer noch einen Blutalkoholspiegel von 1,05 bis 0,75 Promille – fürs Autofahren noch viel zu viel. Wer mit diesen Werten in eine Kontrolle gerät, auch ohne dass es Anzeichen von Fahrunsicherheit gibt, muss – wenn er das erste Mal erwischt wird – mit einem Monat Fahrverbot, vier Punkten in Flensburg und 250 Euro Bußgeld rechnen. Sogar der Kasko-Versicherungsschutz kann entfallen.
Aber selbst wer ausschlafen kann, muss noch vorsichtig sein. Denn auch zwischen 12 und 13 Uhr liegt in unseren Fall der Spiegel bei 0,45 bis 0,35 Promille. Beides kann bei Anzeichen von Fahrunsicherheit als „absolute Fahruntüchtigkeit” und damit als Straftat geahndet werden. Übrigens: Das Umsteigen aufs Fahrrad bringt nichts: Auch dort werden erwischte Promille-Sünder kräftig bestraft.
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