Mordfall Pistorius: Es wird immer bizarrer
Leitender Ermittler ist selbst des versuchten Mordes verdächtigt. Pistorius-Verteidiger greift die Staatsanwaltschaft scharf an.
Pretoria - Der Mordfall um Paralympics-Star Oscar Pistorius nimmt groteske Züge an. Der Reihe nach:
Riesen-Wirbel um Chefermittler Hilton Botha. In einer Befragung bei der Anhörung am Dienstag musste der Polizist unter anderem einräumen, dass er noch keine handfesten Beweise habe, die Pistorius' Darstellung des tödlichen Vorfalls grundlegend infrage stellen. Später wurde bekannt, dass Botha selbst des versuchten Mordes verdächtigt wird.
Er soll auf einen Minibus mit sieben Insassen geschossen haben, um das Fahrzeug zu stoppen, berichteten die BBC und der südafrikanische Sender SABC. Zunächst seien die Vorwürfe fallen gelassen, danach sei der Fall aber wieder aufgenommen worden. Botha und zwei weitere Polizisten sollen demnach deshalb im Mai vor Gericht erscheinen.
Der Verteidiger des mordverdächtigen Paralympics-Stars Oscar Pistorius hat die Staatsanwaltschaft unterdessen heftig attackiert. Verteidiger Barry Roux sagte, die schlechte Qualität der Beweise des Hauptermittlers Hilton Botha habe desaströse Mängel in der Argumentationslinie der Staatsanwaltschaft aufgedeckt. Dies berichtet ein Korrespondent des britischen Senders BBC über den Online-Kurznachrichtendienst Twitter.
Pistorius habe seine Freundin Reeva Steenkamp nicht vorsätzlich getötet, erklärte Roux demnach. Pistorius kämpfte am dritten Tag der Anhörung weiter um eine Freilassung auf Kaution. Dem 26-Jährigen wird vorgeworfen, Steenkamp in der Nacht zum Valentinstag ermordet zu haben. Der unterschenkelamputierte Sportler gibt jedoch an, er habe seine Freundin für einen Einbrecher gehalten und sie versehentlich erschossen.
Eine Entscheidung über eine Freilassung auf Kaution schien sich auch am Donnerstag noch nicht abzuzeichnen. Der BBC-Korrespondent verbreitete in einer Pause, Roux habe ihm gesagt, dass sie voraussichtlich erst am Freitag fallen werde. Bis es zur eigentlichen Verhandlung über den Fall kommt, könnte es noch Monate dauern. Sollte das Gericht dann auf Mord entscheiden, droht Pistorius eine lebenslange Freiheitsstrafe.
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Die südafrikanische Generalstaatsanwaltschaft empfahl SABC zufolge, Botha solle die Leitung des Falles abgeben. Pistorius, der auf zwei Prothesen läuft, hatte bei den Paralympics in London im vergangenen Jahr Gold über 400 Meter und in der Staffel über 4 x 100 Meter gewonnen. Als wohl bekanntester „Blade Runner“ der Welt sorgte er zudem international für Schlagzeilen, als er 2012 auch an den Olympischen Sommerspielen für Nichtbehinderte mit bemerkenswertem Erfolg teilnahm und erst im Halbfinale über 400 Meter ausschied.
Indes wurde bekannt, dass der Sportartikelhersteller Nike seinen Werbevertrag mit dem Sportler ausgesetzt hat. „Wir glauben, dass Oscar Pistorius ein ordentliches Verfahren gewährt werden sollte und wir werden die Situation weiter beobachten“, erläuterte das Unternehmen in einer kurzen Mitteilung.