Mordfall Jakob von Metzler: Kindermörder Gäfgen will freigelassen werden

Der zu lebenslanger Haft verurteilte Mörder des Bankierssohns Jakob von Metzler will auf Bewährung freikommen.
az, dpa |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Vize-Polizeipräsident Wolfgang Daschner brachte Gäfgen durch die Androhung von Folter zum Reden.
2 Vize-Polizeipräsident Wolfgang Daschner brachte Gäfgen durch die Androhung von Folter zum Reden.
Jakob von Metzler wurde unmittelbar nach der Entführung ermordet, da er den Täter identifizieren konnte.
2 Jakob von Metzler wurde unmittelbar nach der Entführung ermordet, da er den Täter identifizieren konnte.

Kassel/Frankfurt a. M. - Rund 15 Jahre nach der Tat läuft bei der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Kassel ein Antrag auf Aussetzung der Strafe zur Bewährung, wie der Sprecher des Landgerichts, Martin Kolter, der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Derzeit werde die Mindestverbüßungsdauer für den inzwischen 42-Jährigen geklärt. Mit einer Entscheidung sei noch in diesem Jahr zu rechnen. Der Täter hat seinen Geburtsnamen Magnus Gäfgen inzwischen geändert. Er verbüßt seine Strafe in Nordhessen.

Rückblick: Der Fall Jakob von Metzler

Jakob wäre heute 26 Jahre alt. Der Bankierssohn wurde im September vor 15 Jahren entführt und ermordet. Täter Magnus Gäfgen beschäftigt seitdem die Gerichte. Die Folterdrohung der Polizei machte den Fall zum exemplarischen Verfahren.

Vize-Polizeipräsident Wolfgang Daschner brachte Gäfgen durch die Androhung von Folter zum Reden.
Vize-Polizeipräsident Wolfgang Daschner brachte Gäfgen durch die Androhung von Folter zum Reden.

Vize-Polizeipräsident Wolfgang Daschner brachte Gäfgen durch die Androhung von Folter zum Reden. Foto: dpa

Der Entführer und Mörder des kleinen Jakob von Metzler verlangte in seinem Schlusswort vor dem Frankfurter Landgericht eine Strafe mit Perspektive, "die mich hart anfasst, aber nicht vernichtet". Wenige Tage später wurde Magnus Gäfgen 2003 zur Höchststrafe verurteilt: lebenslange Haft mit besonderer Schwere der Schuld. Der 28-Jährige habe den Tod des Elfjährigen gewollt, urteilte der Vorsitzende Richter über das kaltblütige Verbrechen an dem Bankierssohn, das zehn Jahre zurück liegt. Gäfgen beschäftigt seitdem die Gerichte. Internationale Resonanz fand der Fall, weil die Polizei dem Mörder im Verhör Folter androhte, um das Leben des Kindes zu retten.

Vize-Polizeipräsident Wolfgang Daschner hatte selbst in einem Aktenvermerk auf diese "schwerste Entscheidung im Leben" aufmerksam gemacht und sich darauf berufen, der Polizei sei "unmittelbarer Zwang" als letztes Mittel erlaubt. Politiker zeigten Verständnis, ein Teil der Bevölkerung feierte ihn sogar als Helden und es entbrannte eine breite kontroverse Diskussion. Daschner wurde später wegen Nötigung verurteilt, eine Geldstrafe aber nur angedroht.

Richter: "Wegen seiner Luxus-Sucht musste ein Kind sterben"

Jakob von Metzler wurde unmittelbar nach der Entführung ermordet, da er den Täter identifizieren konnte.
Jakob von Metzler wurde unmittelbar nach der Entführung ermordet, da er den Täter identifizieren konnte.

Jakob von Metzler wurde unmittelbar nach der Entführung ermordet, da er den Täter identifizieren konnte. Foto: dpa

Am letzten Schultag vor den Herbstferien 2002, dem 27. September, hatte Gäfgen den ihm flüchtig bekannten Jakob auf dem Heimweg abgepasst und in seine nah gelegene Wohnung gelockt. Dort erstickte der verschuldete Jura-Student den Jungen mit Klebeband. Mit der Leiche im Kofferraum fuhr er zur benachbarten Villa der Bankiersfamilie und warf einen Erpresserbrief mit der Lösegeldforderung von einer Million Euro ab. Bei der nächtlichen Geldübergabe an einer Bushaltestelle beobachtete die Polizei den Täter und nahm ihn - nachdem er keine Anstalten machte die Geisel zu versorgen oder frei zu lassen - noch am selben Tag fest.

Gäfgen nannte im Verhör zunächst zwei frühere Bekannte als angebliche Komplizen und ein falsches Geiselversteck. Weil die Zeit drängte, ließ ihm Daschner schließlich Schmerzen androhen. Bald darauf nannte Gäfgen das wahre Versteck des längst toten Jungen an einem kleinen See bei Schlüchtern in Osthessen.

Minderwertigkeitskomplexe und die Gier nach Luxus seiner elf Jahre jüngeren Freundin nannte der renommierte Essener Psychiater Norbert Leygraf in dem Strafverfahren 2003 als Motive Gäfgens. Der hochintelligente Mann habe nach dem Prinzip "Mehr «Schein als Sein" gelebt, um sein schwaches Selbstwertgefühl zu verdecken. Der Vorsitzende Richter formulierte es in seiner Urteilsbegründung so: "Dem Angeklagten ging es darum, das luxuriöse Leben mit reichen Freunden und 'der Liebe seines Lebens' weiterleben zu können. Dafür musste ein Kind sterben."

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.