Mord wegen der Gartenabfälle

Wozu Streit unter Nachbarn führen kann: Ein Rentner tötet drei Menschen in einer Kleingarten-Kolonie. Heute beginnt der Prozess gegen den Mann.
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Idylle? Längst nicht immer. Auch in Kleingarten-Kolonien streiten sich die Nachbarn oft heftig.
dpa Idylle? Längst nicht immer. Auch in Kleingarten-Kolonien streiten sich die Nachbarn oft heftig.

GIFHORN/HILDESHEIM - Wozu Streit unter Nachbarn führen kann: Ein Rentner tötet drei Menschen in einer Kleingarten-Kolonie. Heute beginnt der Prozess gegen den Mann.

Alles fing wegen Kleinigkeiten an. Es ging um Wegerechte, überhängende Äste und Gartenabfälle. Am Ende gab es in der Kleingartenkolonie drei Tote - erschlagen vom Laubennachbarn. Heute beginnt in Hildesheim der Prozess gegen den 66-jährigen Rentner. Er hat gestanden, seine beiden Kleingarten-Nachbarn und deren Sohn getötet zu haben.

Im vergangenen Herbst hatte der Rentner dem 33-jährigen Sohn der Familie in der Kleingartenkolonie im niedersächsischen Gifhorn aufgelauert. Er wollte ihn zur Rede stellen, weil die Nachbarn die Gartenabfälle nicht ordnungsgemäß entsorgten.

Er zog einen Knüppel und hieb auf den jungen Mann ein

Erst stritten die beiden verbal. Dann eskalierte es: Der Rentner zog einen Knüppel und hieb auf den jungen Mann ein. Der schrie um Hilfe, brach zusammen, starb zwanzig Minuten später. Als die Eltern herbeieilten, tötete ihr Gartennachbar sie ebenfalls mit wuchtigen Stockschlägen. Er packte die Leichen in eine Schubkarre und verbarg sie in einem Gebüsch. Zwei Tage versteckte sich der Mann auf einem Acker in der Nähe bis ihn ein Landwirt aufstöberte.

Der Streit unter den Nachbarn hatte schon lange geschwelt. Acht Jahre gab es Probleme zwischen den Kleingärtnern. „Bei Nachbarschaftsstreitigkeiten geht es oft um langjährige Konflikte, die irgendwann eskalieren“, sagt die Münchner Konflikt-Expertin Anja Köstler (siehe Interview). So dramatisch wie in Gifhorn enden sie selten. Oft jedoch landen die Parteien wegen Nichtigkeiten vor Gericht.

In Bayern gibt es speziell ausgebildete "Güterichter"

So seien in Bayern von den rund 160.000 Zivilstreitigkeiten im Jahr „etliche tausend“ Bagatellprozesse – darunter ein guter Teil wegen Nachbarschaftsstreitigkeiten, so Rainer Wiedemann, Referatsleiter im bayerischen Justizministerium. „Oft geht es dabei um mehr als nur die Kleinigkeit, die vor Gericht verhandelt wird.“ Um die Konflikte dahinter zu lösen, werden an bayerischen Gerichten seit 2005 „Güterichter“ ausgebildet. Sie vermitteln vor einem Prozess zwischen den Parteien. „In zwei Drittel aller Fälle gelingt das“, sagt Wiedemann. Das Problem: Oft sind die Fronten so verhärtet, dass sich die Parteien nicht auf die Schlichtung einlassen. „Man geht ja erst vor Gericht, wenn man schon kocht“, so Mediatorin Köstler.

Gekocht vor Wut hat auch der angeklagte Rentner: Auf die Mutter schlug er so ein, dass sie zunächst gar nicht zu identifizieren war.

A. Jalsovec

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