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Menschheitstraum Weltraum: Der Dokumentarfilm „Im Schatten des Mondes“
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Menschheitstraum Weltraum: Der Dokumentarfilm „Im Schatten des Mondes“

Der Mond is nur a nackerte Kugel“ – der Filmtitel von Jörg Ganser fasste 1981 desillusioniert zusammen, was seit 40 Jahren Gewissheit ist. Am 21. Juli 1969 flogen die ersten Menschen auf dem Mond, Neil Armstrong und Buzz Aldrin (siehe Interview), sie sammelten 22 Kilogramm Mondgestein ein, und die ganze Welt vor dem TV-Gerät feierte den „großen Schritt für die Menschheit“ – 100 Jahre nach Jules Vernes Science-Fiction-Roman „Reise zum Mond“ (1865).

Der letzte deutsche Stummfilm nahm die Mission vorweg, allerdings mit erotischem Unterton: „ Die Frau im Mond“ – bei der Premiere 1929 Im Ufa-Zoopalast, vierzig Jahre vor der ersten wirklichen Mondlandung, war auch Einstein zugegen.

Der 40. Jahrestag könnte die Fantasien wieder beflügeln

Nach tödlichen Misserfolgen – wie der Challenger-Katastrophe im Januar 1986 – wurde es stiller um den teuren Traum vom Menschen im All. Aber der 40. Jahrestag der ersten Mondlandung in diesem Jahr könnte die Fantasien wieder beflügeln. Den medialen Auftakt bietet jetzt der britische Dokumentarfilm „Im Schatten des Mondes“, der am Donnerstag in den deutschen Kinos startet. Er feiert – ohne den Schatten eines Zweifels – die Faszination der bemannten Raumfahrt – mit romantischen Bildern von gleißenden Apollo-Raketen, Feuerbällen beim Start, die Schwärze des Alls vor dem unsere blaue Erde und der weißgraue Mond sich abzeichnen und optimistischen Interviews von Weltall-Pionieren wie dem zweiten Mann am Mond, Buzz Aldrin (siehe Interview). 1837 zog der Erz-Romantiker Eichendorff mit seinem Gedicht „Mondnacht“ alle geheimnisvoll sentimentalen Seelen-Register. Aber wahrscheinlich ist in unserem Wissenschafts-Zeitalter die technische Raumfahrt-Romantik die einzige Möglichkeit, weiterträumen zu können.

Im Kino lief gerade der Animations-Blockbuser „Wall-E“: Die Menschheit hat in dieser Sci-Fi-Roboter-Liebesromanze die Erde zugemüllt und endgültig unbewohnbar gemacht. Sie ist ins Weltall ausgelagert. Aber am Ende wollen alle aus der technischen Kunstwelt der Raumstationen wieder zurück zur Mutter Erde. Sollte man nicht erst einmal bei uns aufräumen, ehe wir dem Mann im Mond weitere Einträge ins Gästebuch bescheren?

Adrian Prechtel

„Im Schatten des Mondes“, ab Do, Forum Kino am Deutschen Museum

AZ-Interview mit Edwin Aldrin, dem zweiten Mann auf dem Mond

AZ: Mr. Aldrin, wie ist es auf dem Mond?

Edwin Aldrin: Unbeschreiblich. Der pechschwarze Himmel, die starke Krümmung des Horizonts, die absolute Trostlosigkeit. Und dazu kommt natürlich die geringe Schwerkraft, die man nur selbst erleben kann.

Wenn Sie zum Mond hinaufblicken, erscheint Ihnen die Erinnerung an damals manchmal als surreal?

Nein, ich habe da ganz klare Erinnerungen. Ich verkläre sie mir auch nicht. Aber natürlich ist der Mond, den wir aus dem Orbit gesehen haben, ein ganz anderer als der, den wir auf seiner Oberfläche stehend kennen gelernt haben.

Wie hat der Mondflug Ihre Sichtweisen auf das Leben verändert?

Ich habe einen sehr scharfen Blick für das Wesentliche entwickelt, insbesondere dafür, was erreicht werden kann. Doch die wirklichen Veränderungen traten erst lange nach dem Flug ein: Lange wusste ich nichts mit mir anzufangen. Als mir klar wurde, dass ich so nicht leben wollte, musste ich mich ändern und mir neue Ziele setzen. Diese Erkenntnis hätte mich ohne den Mondflug nie so deutlich getroffen.

Wie fühlt es sich an, auf die größte Menge Sprengstoff, die die Menschheit je zusammengetragen hat, geschnallt zu werden und darauf zu warten, dass jemand anzündet?

Das Gefühl nach dem Start ist einfach einzigartig, denn man ist von der Erde getrennt. Man fährt nicht auf ihr, bewegt sich nicht in ihren Meeren oder fliegt in ihrer Atmosphäre, sondern man ist wirklich losgelöst, absolut frei.

Die Erde als blaues Juwel vom All aus zu sehen, muss unendlich schön sein.

Ja, wenn man so ein Bild selbst geschossen hat, bekommt dieses Bild eine viel tiefere Bedeutung. So was ist dann plötzlich eine Nummer größer, als alles, womit wir Kreaturen hier unten uns normalerweise beschäftigen.

Was macht Neil Armstrong so? Haben Sie Kontakt?

Neil bringt sich sehr bei den Jubiläen der vergangenen Missionen und vor allem der NASA selbst ein. Die 24 Menschen, die die Erde zur Gänze verlassen haben, sind nicht die einzigen, die etwas geleistet haben. Neil und die anderen sorgen dafür, dass die anderen nie vergessen werden.

Würden Sie, wenn Sie jünger wären, an einer Marsmission ohne Rückflugticket teilnehmen?

Vor einigen Jahren noch hätte ich das abgelehnt. Doch heute bin ich der Überzeugung, dass die Kolonisierung des Mars ohne Rückflug die bessere Lösung ist: Mit derselben Energie kann man mehr Leute hinfliegen, die dann dort eine Gesellschaft aufbauen können. Auch hätten die Teilnehmer ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl und wären motivierter, weil sie wüssten, dass es kein Zurück gibt.

Wer würde sich denn für so eine Mission melden?

Sie wären erstaunt, wie viele hochqualifizierte und engagierte Leute sich schon jetzt dafür bewerben.

Interview: Julian Reischl

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