Mexikos Grippe-Virus sorgt weltweit für Alarm
Über 60 Tote in Mexiko, erste Erkrankten auch in den USA - die sogenannte «Schweinegrippe» versetzt die WHO in Aufregung. Rund um den Globus werden Vorsichtsmaßnahmen getroffen, da das Virus offenbar aggressiv ist.
Ein in Mexiko grassierendes gefährliches Grippevirus hat die internationalen Gesundheitsbehörden alarmiert. Es seien bislang 62 Menschen in Mexiko an Grippe gestorben, bestätigte die Sprecherin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Fadela Chaib, am Samstag in Genf. In 18 Fällen ist die spezielle Virusvariante bislang als Schweinegrippe (A/H1N1) identifiziert worden. Bei 42 weiteren Grippetoten sei das neue Virus noch nicht nachgewiesen, hieß es. In den USA waren acht Menschen - vor allem an der Grenze zu Mexiko - durch das Virus A/H1N1 an Grippe erkrankt, einer von ihnen musste vorrübergehend in einer Klinik behandelt werden. Allen gehe es inzwischen aber wieder besser.
Lungenentzündung dabei häufig
Die Regierung in Mexiko berichtete laut WHO von mehr als 860 seit Mitte März an Lungenentzündung erkrankten Menschen allein in Mexiko-Stadt. Gesundheitsminister José Ángel Cordova sagte jedoch, es seien bisher weniger Fälle aufgetreten. Für Ein- und Ausreisen gab es bislang keine Beschränkungen. Sowohl in Mexiko als auch in den USA hatte der Virus typische Grippe-Symptome wie Schnupfen, Husten, hohes Fieber und Halsschmerzen ausgelöst. Vor allem in Mexiko hatten sich daraus Lungenentzündungen entwickelt. Die Mexikaner ergriffen unterdessen umfangreiche Maßnahmen, um eine Ausbreitung der Epidemie zu verhindern. Bereits am Freitag waren alle Schulen und Universitäten geschlossen worden. Großveranstaltungen in der Hauptstadt mit ihren rund 20 Millionen Einwohnern und im Staate Mexiko wurden abgesagt. Wichtige Fußballspiele werden ohne Publikum ausgetragen. Nach TV-Berichten ging die Zahl der Besucher von Restaurants und Bars, sowie Theater und Kinos um rund 40 Prozent zurück. In Apotheken standen die Menschen für Mundschutz-Masken an.
Rätselhafte Ansteckung
Die Virusvariante von A/H1N1 war laut WHO bisher nicht in Schweinen oder beim Menschen identifiziert worden. Studien zufolge tragen allerdings bis zu 50 Prozent aller Schweine in Herden in den USA den Erreger in sich. Bei vielen der infizierten Menschen in den USA steht aber schon jetzt fest, dass sie keinen Kontakt mit Schweinen hatten. Somit bleibt es für die Fachleute vorerst ein Rätsel, wie sie sich angesteckt haben. Gesundheitsminister Cordova äußerte die Vermutung, das Virus sei von außen nach Mexiko eingeschleppt worden. Die WHO spricht davon, dass die Ausbreitung der Grippe vor allem auf junge, sonst gesunde Erwachsene, Sorgen bereite. Die Genfer Organisation steht in ständigem Kontakt mit den Behörden in Mexiko und den USA sowie anderen Ländern der Region. Das für Notfälle zuständige Strategische Gesundheitsoperationszentrum (Strategic Health Operations Centre) der Organisation sei im Einsatz, sagte Chaib.
Japan reagiert, Deutschland beobachtet
In Japan wurde unterdessen am Samstag bei allen Passagieren eines Fluges aus Mexiko Fieber gemessen, um ein Einschleppen der Schweinegrippe zu verhindern. Die Regierungen in Nicaragua und Kolumbien hatten bereits am Freitagabend Maßnahmen angekündigt, um den Ausbruch der Grippe in ihren Ländern zu verhindern. Brasiliens Gesundheitsbehörde hat die Vorsichtsmaßnahmen an Flughäfen und Häfen verstärkt. Passagiere, die aus Mexiko kommen oder dorthin wollen, sollen über die Symptome der Krankheit aufgeklärt werden, hieß es am Freitagabend. Zudem müsse bei Einreisenden auf Verdachtsfälle geachtet werden. Die deutschen Gesundheitsbehörden rätseln noch, wie gefährlich die Situation ist. «Man kann schlicht noch nicht sagen, ob es auf Mexiko und die USA begrenzt bleibt oder sich ausbreitet», sagte die Sprecherin des Robert-Koch-Instituts in Berlin, Susanne Glasmacher, der Nachrichtenagentur AP. Dementsprechend gebe es noch keine Handlungsanweisungen etwa für Reisende nach Mexiko. «Es gibt nichts, was man den Bürgern raten könnte», sagte Glasmacher. Die Situation werde genau beobachtet. Experten warnen seit Jahren vor einer Grippe-Pandemie, sprich, der Ausbreitung eines Virus, gegen den keine Impfmöglichkeit besteht, über mehrere Kontinente. Für den Fall haben auch deutsche Behörden aufwendige Vorsorge- und Krisenablaufpläne erarbeitet. Ausschlaggebend ist die Einschätzung durch die Weltgesundheitsorganisation WHO.(nz/dpa/AP)