Marwas Familie will Schmerzensgeld
Die Familie der getöteten Ägypterin Marwa El-Sherbini fordert eine Entschädigungszahlung vom Freistaat Sachsen. Gegen den damals vorsitzenden Richter läuft unterdessen ein Ermittlungsverfahren wegen unterlassener Hilfeleistung.
Die Familie der in einem Gerichtssaal niedergestochenen Ägypterin Marwa El-Sherbini fordert vom Land Sachsen Schmerzensgeld. Nebenklagevertreter Oliver Wallasch sagte am Donnerstag am Rande des Mordprozesses, es gebe entsprechende Gespräche mit dem sächsischen Justizministerium.
Dabei gehe es um mögliche Ansprüche auf Entschädigung. Über die Höhe sei aber noch nicht gesprochen worden. Es gehe bei den Gesprächen auch darum, dass der Ehemann der Ermordeten und der kleine Sohn in ihrer wirtschaftlichen und beruflichen Existenz beeinträchtigt worden seien. Nach einem Bericht der «Sächsischen Zeitung» begründet die Familie die Forderung damit, dass zum Tatzeitpunkt die Sicherheitsvorkehrungen im Gericht nicht dem bundesweiten Standard entsprochen hätten. Wallasch sagte, dass eine staatliche Institution Tatort sei, «macht die Sache besonders». Nähere Angaben zur Begründung der Entschädigungs-Forderung machte er aber nicht. Der Jurist, der in der Frage sowohl die Familie des Opfers als auch die des Witwers vertritt, betonte, mit dem Land Sachsen rede man derzeit «nicht auf juristischer Grundlage», es gehe bislang auch nicht um Verantwortlichkeiten. «Wir tauschen derzeit Auffassungen aus», sagte er. Auch über konkrete Zahlen sei noch nicht geredet worden. Die Gespräche sind nach seinen Angaben bereits seit längerem im Fluss und würden derzeit «etwas konkreter». Der Anwalt betonte, dass das Thema einer Entschädigung unabhängig vom derzeit laufenden Strafprozess behandelt werde.
Keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen
In dem Prozess angeklagt ist der 28-jährige Alex W. Ihm wird vorgeworfen, die 31-jährige Muslimin am 1. Juli während einer Gerichtsverhandlung im Landgericht mit 16 Messerstichen getötet und ihren Mann, der sie schützen wollte, lebensgefährlich verletzt zu haben. El-Sherbini hatte zuvor als Zeugin gegen ihn ausgesagt. Der Angeklagte hatte sie auf einem Spielplatz als «Islamistin» und «Terroristin» beschimpft und war deswegen vor Gericht. Seinerzeit hatte es am Dresdner Landgericht keine Sicherheitskontrollen am Eingang gegeben. Üblicherweise wurden bis zur Tat besondere Sicherheitsvorkehrungen von der jeweiligen Kammer nur bei Hinweisen auf eine mögliche Gefährdung angeordnet. Der damalige Vorsitzende Richter hatte als Zeuge ausgesagt, dass nichts auf ein solches Verbrechen hingedeutet habe. Weitere Tatzeugen äußerten sich ähnlich.
Richter reagierte sofort
Der vorsitzende Richter hat nach Aussage eines Zeugen bei dem Angriff sofort den Notfallknopf unter seinem Tisch gedrückt. «Als der Tumult losging, hat er sofort den Alarmknopf bedient, das konnte ich genau sehen», sagte der damalige Schöffe Johann Augst im Prozess um den Mord an der jungen Frau. Der Richter selbst hatte am Dienstag ausgesagt, er habe zuerst versucht, der Ägypterin zu helfen und dann erst den Knopf betätigt. Gegen den 46-jährigen Juristen und den Präsidenten des Landgerichts läuft ein Ermittlungsverfahren wegen unterlassener Hilfeleistung und fahrlässiger Tötung. Strafanzeige hatte der Anwalt des Witwers von Marwa El-Sherbini gestellt. (AP, dpa, nz)
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