Malheure im Haushalt: So klug kann Ihr Zuhause sein

Telefon nicht gehört, Badewanne überlaufen lassen, Herd nicht ausgeschaltet? Für viele Malheure, die vor allem Senioren betreffen, gibt es simple Abhilfe. Eine reisende Modell-Wohnung zeigt es.
von  Anja Perkuhn
Barrieren abbauen - dabei will die Rollende Modellwohnung helfen. Denn viele wissen gar nicht, welche Helfer es im Haushalt überhaupt gibt.
Barrieren abbauen - dabei will die Rollende Modellwohnung helfen. Denn viele wissen gar nicht, welche Helfer es im Haushalt überhaupt gibt. © FZI

Telefon nicht gehört, Badewanne überlaufen lassen, Herd nicht ausgeschaltet? Für viele Malheure, die vor allem Senioren betreffen, gibt es simple Abhilfe. Eine reisende Modell-Wohnung zeigt es.

Mücnhen/Karlsruhe - Links so etwas wie ein Wohnzimmer, rechts ein Schlafzimmer angedeutet, Küche und Badezimmer auch eher rudimentär aber erkennbar – die "Rollende Ausstellung" des Forschungszentrums Informatik (FZI) aus Karlsruhe will möglichst lebensnah demonstrieren, wo und wie Technik Menschen helfen kann – dabei, länger selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden leben zu können.

In der rollenden Ausstellung werden rund 30 verschiedene, beispielhafte Technologien und Produkte gezeigt – von simpel bis komplex, von sehr günstig bis eher kostspielig. "Die meisten Menschen wissen natürlich, was eine Universalfernbedienung ist und auch ein Telefon mit großen Bild- und Symboltasten haben sie schon mal gesehen", sagt René Stephan vom FZI.

"Aber wir haben uns bewusst breit aufgestellt und zeigen niederschwellige Dinge, um auch die Leute abzuholen, die man mit einem Touchscreen überfordern würde." Seit vier Jahren gibt es die mobile Wohnung, ursprünglich wurde sie mit Unterstützung des Sozialministeriums Baden-Württemberg konzipiert und umgesetzt, nun tourt sie durchs ganze Land.

"Wir bauen Barrieren ab"

Wer kommt rein, wer lässt sich beraten? "Das sind eigentlich zu gleichen Teilen Betroffene selbst oder deren Angehörige", sagt Stephan. "Wenn Sie gar nicht wissen, dass es für das Bedürfnis eines Menschen eine technische Lösung gibt, dann wissen Sie ja auch nicht, dass Sie das recherchieren können."

Eine Beratungsstelle kann und will die Ausstellung aber nicht sein. "Wir machen das, damit Menschen wissen: Es gibt Möglichkeiten, dass sie oder ihre Mutter oder ihr Vater doch noch länger zu Hause bleiben können. Wir stellen die Produkte vor, bauen Barrieren ab – und dann wenden sich die Besucher an jemanden, der sie individuell berät bei der Frage, was sich für sie konkret lohnt." Einige der Produkte stellt die AZ vor.

1) Tür- und Telefonklingel

Manche Betroffene besitzen kein Hörgerät oder möchten es nicht tragen. Sie hören dadurch beispielsweise nicht, wenn jemand an der Tür klingelt. Sender für die Tür oder das Telefon zeigen das akustische Signal in Form eines Lichteffekts oder von Vibrationen an, die auf einen tragbaren Empfänger übertragen werden.

So lässt sich leichter erkennen, wenn eine Person an der Tür klingelt oder anruft.

Zum Beispiel: Heidemann Funkgong-Set, ca. 40 Euro; Vibrationsarmband Amplicomms PowerTel, ca. 50 Euro

2) Badewanne und Bad

Mithilfe von Wasserregulatoren können beispielsweise automatisch Abflüsse geöffnet oder eine Wassertemperatur festgelegt werden. Wassermelder alarmieren, wenn Wasser übertritt – sobald das Wasser am Gerät angekommen ist, das mit einem Saugnapf befestigt wurde, erzeugt dieses einen lauten Signalton.

So kann vermieden werden, dass die Badewanne überläuft und ein vergesslicher Mensch einen Wasserschaden verursacht oder das Wasser stundenlang durch den Überlauf abfließt.

Zum Beispiel: Wasseralarm mobil, ca. 10 Euro

3) Weglauf-Tendenz

Hinlauftendenzen sind ein häufiges Symptom von Menschen mit einer fortgeschrittenen Demenz. Mit Hilfe von Transpondern kann festgestellt werden, wenn sich eine Person einem bestimmten Bereich oder einem Ausgang nähert. Oder Bettsensoren melden, wenn die betroffene Person das Bett verlässt. Sie sind vor allem hilfreich für Menschen, die im selben Haus leben.

Ertönt der Alarm, können die Betreuer prüfen, ob der Betreute das Haus verlassen oder nur herumlaufen will. Auch eine Alarmtrittmatte mit Sensoren vor der Haustür erfüllt diesen Zweck. Ortungssysteme unterstützen Angehörige dabei, eine weggelaufene Person wiederzufinden.

Zum Beispiel: Ortungssystem INanny, ca. 130 Euro; Ortungsgerät DS Vega, ca. 600 Euro; Überwachungsset Bellman & Symfon mit Alarm-Trittmatte, ca. 320 Euro

4) Telekommunikation

Bestimmte Telefone und Handys eignen sich entweder aufgrund ihrer Gestaltung oder aufgrund reduzierter Funktionen besonders für Menschen mit Einschränkungen, aber auch für ältere Menschen allgemein. Durch die Wahl eines passenden Produktes kann dem Nutzer die Kommunikation, insbesondere mit entfernt lebenden Betreuern, erleichtert werden.

Diese Produkte bieten eine besonders laute Sprachausgabe, eine vereinfachte Bedienung und große, gut lesbare Bedienelemente.

Zum Beispiel: Doro MemoryPlus 319ph, ca. 60 Euro


Die rollende Modellwohnung soll praktische Helfer im Haushalt zeigen. Foto: FZI

5) Herd und andere Brandverursacher

Häufig entsteht ein Brand, weil der Bewohner vergisst, dass der Herd noch eingeschaltet ist. Rauchmelder warnen, sobald sie Anzeichen eines Brandes registrieren. Komplexer ist eine Herdabschaltung, die einsetzt, wenn beim Verlassen der Küche der Herd noch angeschaltet ist.

Eine Herdüberwachung gibt die Stromzufuhr zum Elektroherd automatisch frei, wenn die Anwesenheit einer Person wahrgenommen wird. Diese Anlagen sollten unbedingt von einem Elektriker installiert werden.

Zum Beispiel: Funk-Rauchmelder mit Hausnotrufgerät, ca. 100 Euro; PIC-TEC Herdabschaltung HA2 mit Anwesenheitsdetektor, ca. 300 Euro. Anlagen auch mietbar

6) Notruf

In Verbindung mit einem Bewegungsmelder alarmieren Hausnotrufgeräte eine Servicezentrale oder einen Betreuer, wenn in einem bestimmten Wohnraum über einen eingestellten Zeitraum keine Bewegung stattfindet.

Die Systeme, die ungewöhnliche Bewegungsmuster automatisch erkennen, helfen vor allem, wenn ein aktiver Knopfdruck für den Hausnotruf nicht mehr möglich ist.

Zum Beispiel: Locixx LX8 Notrufuhr, ca. 400 Euro; Jawbone UP Aktivitätssensor, ca. 120 Euro

7) Sturzanfälligkeit

Sensormatten erkennen, wenn eine Person sie betritt und schalten entweder eine Lichtquelle an oder senden einen Alarm. Bettsensoren erkennen, wenn eine Person das Bett verlässt und schalten entweder ein Licht an oder senden einen Alarm an den Betreuer.

Bestimmte Beleuchtungssysteme schalten bei Dunkelheit ein Licht an.

Zum Beispiel: M-E LED-Nachtlicht, ca. 10 Euro; GEV LightBoy Unterputz-Bewegungsmelder, ca. 30 Euro; Future-Shape SensFloor als Matte/Bodenbelag, Preis auf Anfrage

8) PC-Nutzung

Über das Internet kann man Informationen suchen, einkaufen, sich mit anderen austauschen. Das ist auch für ältere Menschen und Menschen mit Einschränkungen von Interesse.

Bestimmte Computer, Handys und Softwares sind speziell für sie konzipiert.

Zum Beispiel: Geemarc Tastatur XXL, ca. 30 Euro; DukaPC, ca. 400 Euro, Bigphone, ca. 200 Euro

9) Umfeld-Steuerung

Hausautomations-Systeme vernetzen und steuern elektrische Geräte und Anlagen im Haus oder in der Wohnung wie Lichter, Heizungen, Rollläden, Kameras oder andere Systeme.

Auch Fenster und Türen können so geöffnet und geschlossen werden oder geprüft werden, ob sie offenstehen. So können sie Schutz vor Einbrüchen bieten und ein Sicherheitsgefühl geben.

Zum Beispiel: Hager Steuerungssystem für Beleuchtung, ca. 30 Euro; Komplettsystem Cibek PAUL, ca. 2000 Euro

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