Lust statt Frust in den Wechseljahren

Schmerzen, Zweifel, sinkendes Verlangen: Die Wechseljahre verändern den Körper und die Sexualität. Lesen Sie hier,  wie Sie trotzdem Spaß mit Ihrem Partner behalten.
von  Irene Kleber

Schmerzen, Zweifel, sinkendes Verlangen: Die Wechseljahre verändern den Körper und natürlich auch die Sexualität. Lesen Sie hier, wie Sie trotzdem Spaß mit Ihrem Partner behalten

Verschwitzt in die Kissen sinken, küssen, tasten, Duft einsaugen und hinhorchen, wie das Herz des Liebsten rast – herrlich, oder? Und hier die schöne Nachricht: Wenn Frauen in die Wechseljahre kommen, mag die Hitze wallen, die Haut schrumpeln – aber eins der schönsten Gefühle bleibt: die Lust auf Liebe und auf wilden, zärtlichen, sinnlichen Sex.

Zwischen 50 und 60 Jahren, das ergab eine sexualwissenschaftliche Studie, träumen Frauen in Deutschland so intensiv von heißen Liebesnächten wie andere mit 30 – und wünschen sich mehrmals im Monat Sex. Die Eierstöcke stellen zwar die Produktion der Sexualhormone Östrogen und Gestagen mehr und mehr ein. „Das hat auf die Fähigkeit, Erregung und Lust zu erleben, aber keinen dominierenden Einfluss”, erklärt der Münchner Hormon-Spezialist Armin Heufelder.

Dennoch: Drei Viertel aller Frauen haben im Wechsel – zumindest zeitweise – Probleme im Bett. „Sie klagen über unangenehme Trockenheit im Vaginalbereich und Schmerzen beim Sex”, erzählt Frauke Höllering, Ärztin mit Schwerpunkt Sexualmedizin. Kommt überhaupt keine sinnliche Stimmung mehr auf, ist eine Ursache häufig, dass auch der Anteil des männlichen Hormons Testosteron absinkt.

Bei jeder dritten Bett-Flüchterin sei das Problem allerdings eher psychosomatisch. Und so hat laut der Studie ein Viertel aller Frauen zwischen 50 und 55 überhaupt kein Liebesleben mehr. Zehn Jahre später hat nur noch jede dritte Frau regelmäßig Sex.

Was verdirbt den Spaß beim Liebesspiel? Der neue Mangel an Östrogen verändert – und zwar massiv: Nicht nur Falten, Cellulite und neue Fettpolster derangieren den Körper. Auch Gebärmutter, Schamlippen und Klitoris schrumpfen, der Scheideneingang verengt sich. Unschön auch die Folgen für die Vagina: Sie wird dünner, trockener, weniger elastisch und anfälliger für Infektionen. Das verstört viele Frauen.



Wie können Männer helfen?
Sich nicht mehr „sexy, jung und fruchtbar” zu fühlen – das ist vielleicht der größte Lust-Blocker. „Dann legen Frauen jedes Wort ihrer Partner auf die Goldwaage, sind schnell verletzt und ziehen sich sexuell zurück”, sagt die Münchner Sexualberaterin Gabriele Leipold.  „Ideal reagieren Männer, die kein Aufhebens um den Wechsel machen und ihrer Partnerin weiter das Gefühl geben, eine tolle und begehrenswerte Liebhaberin zu sein. Dann wird sie mit ihm auch weiter gern zärtlich und lustvoll sein.” Viele Frauen brauchen in dieser Zeit längere, zärtlichere Vorspiele – oder auch direktere Stimulation. 
Neue (zumal jüngere) Partner sind für Frauen im Wechsel wie ein Jungbrunnen. „Sie geraten für eine Weile in einen so schönen Liebes- und Hormonrausch, dass sie weniger Beschwerden haben als Frauen in langen, womöglich ermüdeten Beziehungen”, sagt die Sex-Expertin.
Aber auch ohne neue Liebe kann frau ihr Sexleben mit Helferlein beleben.


Welche Mittel gibt es?
Es flutscht nicht mehr? Erst mal ein Gleitgel ausprobieren, empfehlen Frauenärzte.


Reicht das nicht aus, ein niedrig dosiertes Testosteron-Gel mit körperähnlichem Testosteron probieren. „Man trägt es ein Mal täglich auf die Innenseite der Unterarme oder die seitliche Bauchhaut auf”, erklärt Hormon-Spezialist Armin Heufelder. „Das wirkt luststeigernd, befeuchtet die Vagina und hat keine Nebenwirkungen wie eine tiefe Stimme, Akne oder unerwünschten Haarwuchs.”

Auch Testosteron-Pflaster helfen. Nachteil: Sie können die Haut reizen.

Ebenfalls empfehlenswert: östrogen-ähnliche Östriol-Salben. Sie werden direkt in der Vagina aufgetragen.

Eine Alternative sind Vaginalringe, die Östrogen freisetzen und für jeweils drei Monate eingelegt werden.



Sexy Naturheilkunde
Auch pflanzliche Heilmittel bringen häufig den Spaß am Sex zurück. Die Münchner Homöopathin Simone Häßler rät zu Vaginalzäpfchen mit Alchemilla Urtinktur, ätherischem Rosen- und Geranienöl (man führt sie eine halbe Stunde vor dem Sex ein – sie machen die Vagina feucht und geschmeidig). Auch Extrakte der Traubensilberkerze lindern Scheidentrockenheit. Granatapfel (als Tropfen, Saft oder Frucht) stimuliert die Libido. Rosmarin (als Bad, Tee oder Extrakt) unterstützt bei Lust-Verlust oder wenn die Blutung vorzeitig versiegt.

Ebenso können Akupunktur-Nadeln an Beinen, Füßen und Rücken Lustbringer sein.

Tantra und Tao

Der Hormonspiegel während der „heißen Zeit” lässt sich auch mit Übungen aus dem Tantra oder Tao ausbalancieren, glaubt Sexualberaterin Birgit Kübler. In Kursen (sextextsprechen.de) lehrt sie, mit der „Hirschkuh” oder der „Beckenschaukel” Brüste, Eierstöcke, Gebärmutter und Klitoris mit Energie zu beleben: „So lernen Frauen, die Lust-Probleme haben, wieder schneller erregt zu werden.”



Trend Vagina-Verjüngung:
Krähenfüße an den Augen? Dann wenigstens rosige, pralle Schamlippen – der Wunsch nach frischem Sex-Appeal untenrum treibt seit gut drei Jahren immer mehr Frauen im Wechsel um, berichtet der Münchner Dermatologe und Spezialist für Ästhetische Medizin, Stefan Duve. Er führt wöchentlich mehrere Vaginal-Verjüngungen bei Frauen zwischen 50 und 65 Jahren durch: „Wir unterspritzen die äußeren Schamlippen mit Hyaluronsäure und geben ihnen so jugendliche Fülle zurück.”
Der ambulante Eingriff kostet 1000 bis 1500 Euro. Der Effekt hält für etwa ein Jahr und bringt – sagen Patientinnen – neben befreiterem Sex wieder mehr Lust auf Lust.

Kann man Lust-Verlust vorbeugen?
Ja – mit viel Bewegung und Ausdauersport, guter Ernährung, wenig Alkohol und wenig Zigaretten. „Frauen, die fit in die Wechseljahre kommen, haben mehr Freude am Sex”, so Gabriele Leipold.

Sex erzeugt Lust auf Sex – darüber sind sich alle Experten einig. Keine spontane Lust auf Liebe? Gerade dann sollten sich Paare regelmäßig zum erotischen Abenteuer verabreden. Das trainiert alle Organe und flutet den Körper mit dem Lusthormon Oxytocin. Und es bleibt, nun ja: hitzig.

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