Loveparade-Katastrophe kommt vor Gericht

Duisburg - Das hat das Düsseldorfer Oberlandesgericht entschieden und am Montag mitgeteilt.
Die Nachbeben der Duisburger Loveparade-Katastrophe sind nach wie vor zu spüren. 21 Menschen wurden damals erdrückt, mindestens 650 verletzt. Immer noch ringt die Justiz um die Schuldfrage.
DAS UNGLÜCK
Die Firma Lopavent des Fitnessketten-Unternehmers Rainer Schaller veranstaltet am 24. Juli 2010 die Loveparade in Duisburg. Am Nachmittag kommt es an einer Engstelle zu einem tödlichen Gedränge. 21 Menschen werden erdrückt, mindestens 652 Menschen verletzt, einige von ihnen schwer. Viele leiden bis heute unter den Folgen.
DIE ERMITTLUNGEN
Nach dem Unglück ermittelt die Staatsanwaltschaft Duisburg mit einem Riesenaufwand. Im Februar 2014 erhebt sie Anklage gegen sechs Mitarbeiter der Stadt und gegen vier Mitarbeiter des Veranstalters. Ihnen werden fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen. Das Landgericht prüft anschließend über zwei Jahre, ob es die Anklage zur Hauptverhandlung zulässt. In Frühjahr 2016 dann die Entscheidung: Die Anklage wird nicht zugelassen. Das wesentliche Beweismittel, das Gutachten des britischen Panikforschers Keith Still, sei nicht verwertbar. Es leide "an gravierenden inhaltlichen und methodischen Mängeln". 460 Seiten hat der Beschluss.
DER STREIT UM DIE ANKLAGE
Die Staatsanwaltschaft legt Beschwerde gegen diese Entscheidung ein und begründet das auf 750 Seiten. Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf unterstützt die Begründung "uneingeschränkt". Sie sei "umfassend und überzeugend". Mitte September werden sämtliche Akten, die beim Landgericht zwei Abstellräume füllen, nach Düsseldorf gefahren. Im April gehörten zur sogenannten Hauptakte mit den wichtigsten Dokumenten fast 47.000 Blatt, die 99 Ordner füllten. Die weiteren Unterlagen waren in mehr als 800 Ordner sortiert. Viele Stunden Videos von Überwachungskameras und Handys kommen hinzu. Die elektronischen Gerichtsakten zur Katastrophe umfassten fast zehn Terabyte.
DER AKTUELLE STAND
Nach der heutigen Entscheidung des Oberlandesgerichts steht nun fest, dass es doch noch zu einem Prozess kommen wird. Für seine Entscheidung musste das Gericht sämtliche Unterlagen und Beweismittel nochmals bewerten.
DAS WEITERE GUTACHTEN
Die Staatsanwaltschaft Duisburg will noch ein weiteres Sachverständigengutachten einreichen. Es soll die Anklage untermauern, nachdem das Landgericht das Still-Gutachten als "nicht verwertbar" beurteilte. Das Gutachten soll der Experte für Verkehrssicherheit und die Sicherheit bei Großveranstaltungen, Professor Jürgen Gerlach aus Wuppertal, erstellen. "Es ist noch nicht absehbar, wann das Gutachten fertig sein wird", sagt Sabine Weiler von der Staatsanwaltschaft Duisburg.
DIE FRIST
Liegt bis zum 27. Juli 2020 kein erstinstanzliches Urteil vor, verjähren die Taten. "Absolute Verjährungsfrist" nennen Juristen das - gut zehn Jahre nach dem Unglück vom 24. Juli 2010: Das letzte Opfer war am 28. Juli gestorben. Ist bis dahin jedoch ein Urteil ergangen, ist keine Verjährung mehr möglich, bis das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.