Katastrophe: Schlammschlacht gegen das Öl

Viele Möglichkeiten gibt es nicht mehr: Im Golf von Mexiko hat BP wohl die letzte Chance, die Katastrophe einzudämmen – mit dem Verstopfen der Quelle. Doch selbst die Experten des Konzerns sind skeptisch.
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NEW ORLEANS - Viele Möglichkeiten gibt es nicht mehr: Im Golf von Mexiko hat BP wohl die letzte Chance, die Katastrophe einzudämmen – mit dem Verstopfen der Quelle. Doch selbst die Experten des Konzerns sind skeptisch.

Gestern Nachmittag um 13 Uhr (MESZ) startete im Golf von Mexiko ein entscheidender, möglicherweise letzter Versuch, der Ölpest Herr zu werden. Von drei Schiffen aus und mit Hilfe von 16 Tauchrobotern soll versucht werden, die seit Wochen sprudelnde Ölquelle in 1500 Metern Tiefe mit riesigen Menschen Schlamm zu verstopfen.

Die Aktion ist allerdings sehr riskant. Geht etwas schief, kann das Leck und damit die Katastrophe sogar noch vergrößert werden.

Das Verfahren heißt „Top Kill“. Mehrere tausend Liter Schlamm sollen pro Minute in das Leck gepumpt werden – mindestens zwei Tage lang. Noch nie ist „Top Kill“ in einer solchen Tiefe angewendet werden.

Entsprechend skeptisch klingen sogar die BP-Manager. „Wir können nicht garantieren, dass es wirklich funktioniert“, sagte Konzernsprecher Robert Wine. Die Erfolgschancen werden auf höchstens 60 bis 70 Prozent geschätzt.

Auch nach Ablauf der zweitägigen Aktion wird zunächst noch nicht fest stehen, ob das Ganze etwas genutzt hat. Dies sei erst nach einigen Tagen möglich. Misslingt der Versuch, ist BP auf einen zweiten Anlauf vorbereitet. Es gibt aber auch die Alternative, Gummi in das abgerissene Steigrohr zu pumpen – oder die beiden Varianten zu kombinieren.

Seit fünf Wochen sprudelt täglich eine unbekannte Menge des zähflüssigen Öls aus dem Leck – jeden Tag wahrscheinlich fünf Millionen Liter. Unter Wasser hat sich eine 240 Kilometer lange Öllache gebildet, deren erste Ausläufer jetzt das Festland erreichen: Das ist aber erst der Anfang.

Doch das Öl wurde bereits auf eine Breite von 110 Kilometer in das Flussdelta gespült. Hunderte von Vögeln sind tot, ebenfalls große Teile der einst reichen Fischbestände. Mühsam versuchen von BP angeheuerte Fischer, die zähe Masse zu beseitigen. Doch sie sind dabei selbst gefährdet.

Die US-Meeresforscherin Riki Ott wirft dem Konzern vor, fahrlässig mit der Gesundheit der angeheuerten Fischer umzugehen. „Die Fischer haben keine Schutzkleidung, nicht einmal Atemmasken“, sagte sie in einem Interview mit „Zeit online“.

„Viele Fischer kommen an die Küste zurück mit brennenden Augen, Hals- und Kopfschmerzen und anhaltendem Husten.“ Grund dafür seien die Chemikalien, mit denen das im Meer schwimmende Öl zu einer milchartigen Emulsion aufgelöst werden soll.

BP wies diese Kritik zurück, ebenso die an ihrem Kampf gegen die Ölpest. Vorstands-Chef Carl-Henric Svanberg: „Alles, was getan werden kann, wird getan.“ Doch das scheint zu wenig zu sein. mh

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