Josef F.: Seine Tochter war im Gerichtssaal
ST. PÖLTEN - Tag der Überraschungen im Prozess gegen den Horror-Vater von Amstetten: Am Mittwoch wurde bekannt, dass Elisabeth F., seine 24 Jahre lang gefangene und gepeinigte Tochter, im Gerichtssaal war. Zum Auftakt des dritten Prozesstages bekannte sich F. auch des Mordes und der Sklaverei schuldig. Was den Inzest-Vater dazu brachte...
Die jahrelang von Josef F. gefangengehaltene Tochter Elisabeth war am Dienstag im Gericht, wie am Mittwoch aus informierten Kreisen verlautete. Am Dienstag waren die auf Video aufgenommenen Aussagen der heute 42-Jährigen dem Gericht vorgetragen worden. Am Mittwoch hatte sich F. überraschend in allen Punkten der Anklage schuldig bekannt, auch des Mordes durch Unterlassen. Auf die Frage der Vorsitzenden Richterin nach dem Grund seines Sinneswandels verwies er nun auf die auf Video aufgenommene Aussage seiner Tochter.
Angesichts der Schilderung „dürfte eine große Erschütterung in ihm stattgefunden haben“, erklärte Verteidiger Rudolf Mayer. „Falls eines der Opfer im Gerichtssaal gesessen ist, bin ich der Meinung, dass das ein Großteil der Erschütterung gewesen ist.“
In seinem nun umfassenden Geständnis räumte Josef F. auch die Vorwürfe Mord durch Unterlassen und Sklaverei ein. In dem Kellerverlies, in dem er seine Tochter 24 Jahre lang gefangen hielt, waren sieben Kinder zur Welt gekommen, von denen eines kurz nach der Geburt starb.
Zu Prozessbeginn hatte F. ein teilweises Geständnis zu den Anklagepunkten Vergewaltigung, Nötigung, Freiheitsberaubung und Inzest abgelegt, die Vorwürfe des Mordes und der Sklavenhaltung aber bestritten. Mit einem Urteil wurde für Donnerstag gerechnet, das Geständnis könnte das Verfahren aber auch verkürzen.
Nach der Video-Aussage der Tochter Elisabeth war die Öffentlichkeit bei der Schwurgerichtsverhandlung am Landesgericht St. Pölten am Mittwoch wieder zugelassen. Geplant war das Gutachten einer Psychiaterin, die F. eine schwere Persönlichkeitsstörung bescheinigt hat. Außerdem sollten technische Expertisen zu den Gegebenheiten in dem Kellerverlies verlesen werden.
Josef F. wird vorgeworfen, im August 1984 seine damals 18-jährige Tochter in den Keller seines Amstettener Mehrfamilienhauses gesperrt zu haben. Während ihrer Gefangenschaft zeugte er mit ihr sieben Kinder, von denen eines kurz nach der Geburt starb. Darauf bezieht sich der Mordvorwurf, da das Baby nach Auffassung der Anklage möglicherweise hätte gerettet werden können, wenn F. Hilfe ermöglicht hätte.
Drei der Kinder holte er nach oben und zog sie mit seiner Frau auf, die drei anderen mussten im Verlies leben und sahen nie das Tageslicht, bis der Fall voriges Jahr im April durch die schwere Erkrankung eines der Kinder aufflog. (AZ, AP)
- Themen:
- Mord