Ist der Bruder der Schlüssel?

Auch seine Ehefrau veränderte sich unter dem Einfluss von Tamerlan Zarnajew. Passierte dasselbe mit seinem kleinen Bruder?
von  zo
Tamerlan Zarnajew reiste Anfang 2012 für ein halbes Jahr nach Dagestan. Radikalisierte er sich dort?
Tamerlan Zarnajew reiste Anfang 2012 für ein halbes Jahr nach Dagestan. Radikalisierte er sich dort? © AP

 

Schon seine Ehefrau veränderte sich unter dem Einfluss von Tamerlan Zarnajew. Passierte dasselbe mit seinem kleinen Bruder?

Boston - Die unmittelbare Bedrohung nach den Anschlägen von Boston ist vorbei. Doch nun ist Zeit für Fragen: Wie konnte es passieren, dass zwei junge, scheinbar gut integrierte Einwanderer zu Amerika-Hassern und kaltblütigen Killern wurden?

Vor allem bei dem jüngeren der beiden Brüder, dem im Krankenhaus liegenden Dschochar Zarnajew, scheint dies besonders unerklärlich. Seit einem Jahr ist er US-Bürger, er hat eine Freundin, geht auf eine der besten Schulen des Landes, mit Stipendium. In seinem Campus-Wohnheim schien er gut integriert, er mag die Serie „Game of Thrones“, er spricht akzentfrei Englisch, raucht, trinkt Alkohol. Kommilitonen bezeichnen ihn als „All American Boy“.

Interessante Parallele: Katherine Russell wurde von ihren Freunden ebenfalls als „All American Girl“ bezeichnet – bis sie Tamerlan Zarnajew traf. Russell ist die Witwe des getöteten Attentäters von Boston.

Die heute 24-jährige Arzttochter aus Rhodes Island lernte den Gelegenheits-Boxer Tamerlan an der Uni in Boston kennen. Ihre High-School-Freunde erinnern sich, wie sich Katherine in der Beziehung veränderte: Aus der fröhlichen, ehrgeizigen Schülerin wurde allmählich eine zurückgezogene Frau.

Katherine gab ihre Pläne, ins Ausland zu gehen, auf. Sie brach die Uni ab, konvertierte zum Islam, trug fortan Kopftuch. Mit 21 heiratete sie Tamerlan und gebar ihm eine Tochter, Zahara. Ist der 26-jährige Tamerlan der Schlüssel? Hatte er nicht nur seine Ehefrau im Griff, sondern auch seinen Bruder?

Sein Onkel Ruslan Tsarni sagt, schon 2007 habe Tamerlan in Boston einen Konvertiten kennen gelernt und sich seitdem langsam verändert. Sicher ist: Das FBI hatte Tamerlan bereits Mitte 2011 im Visier.

Ein halbes Jahr später, Anfang 2012, reiste Tamerlan für sechs Monate nach Dagestan zu seinem Vater Anzor. Was seine Frau dazu sagte, ist nicht bekannt. Aber dort soll er sich endgültig radikalisiert haben, glaubt das FBI. Gemeinsam reisten beide nach Tschetschenien – Verwandte besuchen, sagt Anzor Zarnajew.

Tante Patimat Suleimanova erinnert sich, Tamerlan habe es gut gefallen, dass die Menschen im Kaukasus inbrünstiger beteten. „Er hat die ganze Zeit nur von Religion gesprochen.“

 

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