Hunde als billige Massenware
Erfurt - Es war der größte Fund seit langem im illegalen Tierhandel, den Zollbeamte im März auf der Autobahn bei Nürnberg machten. 74 kleine Welpen holten sie aus dem Transporter, der in der Slowakei gestartet war und quer durch Europa bis nach Spanien rollen sollte. Die teils kranken jungen Hunde landeten in Tierheimen, viele überlebten den Stress der Fahrt nicht. Der illegale Handel mit Rassehunden wirft seit Jahren hohe Gewinne ab. Auch in Deutschland gibt es einige Geschäftsleute, die an dem Leid der Tiere verdienen wollen. Wie ein Fall aus Thüringen zeigt.
In Ütteroda im Wartburgkreis hielt eine Frau in einem Hof bis zu 150 Hunde der unterschiedlichsten Rassen, um sie bei Bedarf zu verkaufen. Im August wurde das zuständige Veterinäramt schließlich aktiv. Als die illegale gewerbliche Hundezucht geschlossen werden sollte, waren plötzlich alle Vierbeiner und Frauchen weg - auch zwei Monate danach tauchten sie nicht wieder auf. "Die Frau ist nach wie vor verschwunden. Das Grundstück ist leer", sagt der Amtsleiter des Veterinäramtes, Silvio Knyrim, der Nachrichtenagentur dpa in Erfurt.
Auch ein Nachweis über den Verbleib der Hunde sei bislang nicht erbracht worden. Die Behörde versucht nun, die Betreiberin mit Zwangsgeldern zur Kooperation zu bewegen. Diese könnten im vierstelligen Bereich liegen, sagt Knyrim.
Die illegale Zucht von Ütteroda ist nach Angaben des Thüringer Gesundheitsministeriums kein Einzelfall. So ermittelte das zuständige Landesamt für Verbraucherschutz alleine in diesem Jahr gegen sechs ähnliche Zuchten, in denen Hunde in großer Zahl ohne die nötigen Papiere und Genehmigungen hausten. 2009 habe es elf Verfahren gegeben. Laut Tierschutzgesetz müssen Zuchten gemeldet und Versicherungen nachgewiesen werden. Auch müssen die Tiere einen Chip tragen und bei den Finanzämtern wegen der Hundesteuer gemeldet sein.
Der Handel mit Hundewelpen floriert seit Jahren. "Die Tiere sind günstiger als von einem seriösen Züchter", sagt Katrin Umlauf vom Deutschen Tierschutzbund. "Und sie werden billig hergestellt", fügt sie hinzu. Die Tiere würden zumeist in Osteuropa unter widrigsten Bedingungen geboren. Aber es gebe auch in Deutschland sogenannte Vermehrer. Die Muttertiere seien pausenlos trächtig, Impfungen oder Gesundheitschecks seien eher die Ausnahme.
Warum werden Hunde von Osteuropa aus durch Deutschland nach Belgien oder gar Spanien transportiert? Offenbar gebe es in den Zielorten Zwischenhändler, die dann die Tiere mit falschen Nachweisen ausstatteten und anderswo - etwa in Läden oder auf Märkten - verkauften. "Wir sind nur Transitland", sagt Umlauf. Ähnlich sieht es die Leiterin des Tierheimes Erlangen, Elisabeth Stosiek. Die meisten Tiere seien wohl für den skandinavischen Markt oder Großbritannien bestimmt. Sie fordert zugleich schärfere Gesetze gegen den Tiertransport.
Umlauf zufolge werden jeden Monat im Schnitt zwei Transporte abgefangen, die Dunkelziffer sei sehr hoch. Die Zahl der transportierten Welpen gehe in die Tausende. Allein in diesem Jahr stoppte die Polizei bis September 20 solcher Hunde-Überführungen mit insgesamt rund 1000 Tieren. Immer wieder seien auch Katzen-Babys dabei gewesen - und ein Mal seltsamerweise auch eine Gans.
An die Hintermänner komme man aber nicht heran: "Das ist eine mafiöse Struktur". So seien Handynummern kurz nach dem Verkauf eines Welpen nicht mehr erreichbar, im Internet gebe es unzählige gefälschte Hundeprofile, über die die Tiere zum Verkauf angeboten würden. Den Schaden hätten aber nicht nur die Tiere und die Tierheime, die die Welpen am Ende versorgen müssen. Auch die Käufer seien mit ihren Hunden oft Dauergäste beim Tierarzt. Viele Tiere seien krank und verstört, da sie zu früh von der Mutter getrennt worden seien.
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