23 Schüsse im Pausenraum: Höchststrafe nach Morden in Firma

Ganz in Schwarz gekleidet dringt der Mann mit Sturmhaube und Kapuze in den Pausenraum der kleinen Firma in Bad-Friedrichshall ein. Es ist 17.43 Uhr. Er kennt sich aus, er weiß, wer an diesem frühen Abend im Raum sitzt. Blitzschnell zieht der Mann seine halbautomatische Pistole und drückt ab. 23 Mal in nur 75 Sekunden, davon ist das Landgericht in Heilbronn überzeugt. Zwei seiner Kollegen sterben durch Kopfschüsse im Kugelhagel, ein dritter Mann wird bei der Bluttat in der Nähe von Heilbronn schwer verwundet, ein vierter kann entkommen.
Für den zweifachen Mord und den mehrfachen versuchten Mord hat das Landgericht den Schützen nun zur Höchststrafe verurteilt: Gegen den 53-Jährigen verhängte es lebenslange Haft, außerdem stellte die Kammer die besondere Schwere der Schuld fest. Das bedeutet: Eine Freilassung nach 15 Jahren wäre rechtlich zwar möglich, in der Praxis ist sie aber so gut wie ausgeschlossen.
"Blutbad im Pausenraum"
Von einem "Blutbad im Pausenraum" sprach einer der mehr als 120 Zeugen im Verlauf der viermonatigen Verhandlung. Alles sei in Sekundenschnelle vorüber gewesen, beschreibt ein anderer, der die Tat schwer verwundet überlebte. Überall im Pausenraum hätten Patronenhülsen gelegen.
In seiner Urteilsbegründung ließ die Kammer keinen Zweifel: Der in Kirgisistan geborene Deutsche habe Anfang Januar maskiert zur Spätschicht die Werkhallen der Firma betreten und das Feuer auf seine Kollegen eröffnet. Zwei Brüder im Alter von 49 und 44 Jahren starben. Seine Opfer hatte der Schütze genau ausgewählt.
Schütze schwieg im Prozess
Was ihn dazu trieb, genau diese beiden Kollegen zu ermorden? Darüber muss das Gericht zwar mutmaßen, weil der Angeklagte sein Schweigen während der vier Monate auf der Anklagebank nicht gebrochen hatte. Aber die Kammer ist überzeugt: Beim Mann aus Seckach (Neckar-Odenwald-Kreis) hatten sich über Monate "Wut und Neid aufgestaut", wie es der Vorsitzende Richter formuliert. Er leide an einem ausgeprägten Geltungsdrang, sei nur eingeschränkt kritikfähig und habe schließlich entschieden, seine Kollegen zu töten, sagte der Richter.
Die Tat am 7. Januar entzündete sich laut Gericht daran, dass der spätere Schütze bereits im September 2024 seinen Platz an der CNC-Maschine räumen musste. Dort arbeitete fortan jener Kollege, der nach längerer Krankheit in den Betrieb zurückgekehrt war – einer der späteren Getöteten. Die Entscheidung darüber traf wohl der Vorarbeiter, das zweite Mordopfer. Er war für die Einsatzplanung der Maschinen verantwortlich. Nach Überzeugung der Kammer empfand der Beschuldigte sowohl diese Versetzung als auch die Rolle und das Ansehen des Vorarbeiters in dem Familienbetrieb, in dem Präzisionszahnräder hergestellt werden, als Kränkung.
Nach der Tat hatte der Angeklagte die Flucht aus dem Gebäude ergriffen und war mit seinem Auto nach Hause gefahren. In der Nacht war er von Spezialeinsatzkräften (SEK) in seinem Haus widerstandslos festgenommen worden.
Mit seinem Urteil folgt das Gericht den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Nebenklage. Die Verteidigung hatte dagegen auf Freispruch plädiert oder alternativ auf Freispruch und die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus. Der Tatnachweis gegen den mutmaßlichen Schützen sei aufgrund der vorliegenden Indizien nicht erbracht, hatte der Anwalt argumentiert.
Das sieht die Kammer anders: "Die Täterschaft ist ohne jeden Zweifel belegt", sagte der Richter in seiner Urteilsbegründung. Die Indizien seien erdrückend. Das Urteil des Landgerichts ist aber noch nicht rechtskräftig. Innerhalb einer Woche kann Revision eingelegt werden.