Heimliche Verhütung auf den Philippinen
Manila - Fast jeder fünften Philippinerin, die keine Kinder möchte, fehlt der Zugang zu Verhütungsmitteln. Die katholische Kirche torpediert alle Pläne der Regierung, das zu ändern. Deshalb gehen Frauenrechtlerinnen und Gynäkologen auf eigene Faust in die Slums und beraten die Frauen.
Ihr drei Monate alter Sohn macht großes Theater, sie kann ihn kaum auf dem Arm halten. Er ist ihr viertes Kind. Nun steht die 27-jährige Jonalyn Corpuz in einer langen Schlange und wartet auf das Stäbchen, das sie drei Jahre lang vor einer weiteren Schwangerschaft bewahren soll. Auf den erzkatholischen Philippinen ist das kein ganz einfacher Schritt, doch zumindest gibt es das Verhütungsmittel hier im Slum-Dorf Baseco heute umsonst.
Um ihn zu beruhigen, stillt Corpuz den Jungen. "Zu Hause hatte ich keinen, bei dem ich meinen Sohn lassen konnte, deshalb habe ich ihn einfach mitgenommen." Die Gelegenheit, das Verhütungsstäbchen gratis unter die Haut geschoben zu bekommen, könne sie nicht verpassen. "Weitere Kinder möchte ich nicht, doch ich habe auch nicht das Geld für das Implantat."
Eine viertel Stunde später kommt sie aus einem provisorischen Behandlungsraum mit einem Pflaster am Arm. "Das tat nicht weh", sagt sie lächelnd. "Schmerzhafter ist es, weitere Kinder zu bekommen." Hunderte Frauen aus dem Slum im Distrikt Tondo haben sich angemeldet, um kostenfrei an verhütende Spritzen, Implantate, die Pille oder andere Mittel zu kommen. Oft wissen ihre Männer nicht, dass sie hier sind. Das Frauengesundheitszentrum Likhaan aus der Hauptstadt Manila unterhält diese mobile Beratungsstelle. Unterstützt wird das Projekt vom UN-Bevölkerungsfonds UNFPA und der Europäischen Union (EU).
"Das hier ist ein Vorbild für Familienplanungsdienste, die jede Regierungen anbieten sollten für all jene, die keinen Zugang oder kein Geld dafür haben", sagt Joy Salgado von Likhaan. Nach UNFPA-Zahlen hatten im vergangenen Jahr 19,3 Prozent aller philippinischen Frauen, die eigentlich nicht schwanger werden wollen, keine Verhütungsmittel. Fünf Jahre zuvor hatte dieser Anteil noch bei 15,7 Prozent gelegen. Am schlimmsten trifft es nach Angaben von UNFPA arme und bildungsferne Frauen, heranwachsende Mädchen sowie Frauen aus den Konfliktgebieten im Süden des Landes.
Doch alle Ansätze der Regierung, Empfängnisverhütung leichter zugänglich zu machen, werden von der mächtigen katholischen Kirche torpediert. Seit elf Jahren hängt ein Gesetz zur Familienplanung im Parlament fest - zu stark ist der Einfluss der Kirche und anderer religiöser Gruppen. Salgado ist jedoch hoffnungsfroh, dass der Entwurf bald Gesetz wird, damit auch den ärmsten Philippinerinnen geholfen wird.
Viele Frauen in Baseco entscheiden sich für das Verhütungsstäbchen, das direkt unter die Haut geschoben wird und drei Jahre lang wirkt. Der Gynäkologe Abe Marinduque, der in Baseco ehrenamtlich Verhütungsmittel an die Slumbewohnerinnen verteilt, hörte von dem Mittel das erste Mal von ausländischen Frauen, die es verschrieben haben wollten. "Es ist sehr bequem. Eine sehr diskrete Methode, und man muss sich keine Sorgen mehr machen", sagt der Mediziner.
Ein 17-jähriges Mädchen trägt seine drei Monate alte Tochter auf dem Arm. Ihren richtigen Namen möchte die junge Frau nicht nennen - aus Angst, ihr Ehemann könnte herausfinden, dass sie hier war. Deshalb will sie auch nicht zu lange warten und entscheidet sich für die Dreimonatsspritze statt des Stäbchens. "Mein Mann billigt das alles hier nicht und wäre stinksauer, wenn er davon wüsste", erzählt das Mädchen. "Ich weiß, dass er weitere Kinder möchte, aber ich bin mit dem einen glücklich", sagt sie. "Für die kommenden drei Monate bin ich nun sicher."
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