Hausmädchen wie eine Sklavin gehalten

In Brasilien hat ein Ehepaar das ihm anvertraute Mädchen eingesperrt und zur Arbeit gezwungen. Die junge Frau war eine Art Adoptivtochter vom Land. Ihr Schicksal ist nicht so ungewöhnlich.
von  Abendzeitung
Die Polizei griff nach einem anonymen Hinweis ein
Die Polizei griff nach einem anonymen Hinweis ein © AP

In Brasilien hat ein Ehepaar das ihm anvertraute Mädchen eingesperrt und zur Arbeit gezwungen. Die junge Frau war eine Art Adoptivtochter vom Land. Ihr Schicksal ist nicht so ungewöhnlich.

Ein heute volljähriges Hausmädchen ist in Brasilien nach eigenen Angaben von einem Ehepaar als «Sklavin» gehalten worden. Sie habe seit ihrem 11. Lebensjahr weder das Haus ihrer Arbeitgeber in der nordöstlichen Landeshauptstadt Salvador verlassen dürfen noch habe sie für ihre Arbeit Lohn bekommen, sagte die heute 25 Jahre alte Gabriela de Jesus nach Medienberichten vom Mittwoch.

Die Polizei habe unterdessen die 55 Jahre alte Lehrerin Maria Helena Silva und ihren Ehemann, den Unternehmer José Carlos Silva (57) wegen Freiheitsberaubung angezeigt, hieß es.

Die Polizei hatte das Hausmädchen nach eigenen Angaben am Dienstag befreit, nachdem sie einen anonymen Hinweis erhalten hatte. «Ich wurde mit Besen und Gürtel verprügelt, und von Maria Helena und ihrem Ehemann auch ins Gesicht geschlagen», klagte Gabriela de Jesus. Die für den Fall zuständige Kommissarin Francineide Moura erklärte: «Das war ein Fall von wahrer Sklavenhaltung im 21. Jahrhundert». Die Lehrerin bestritt jedoch die Vorwürfe und beteuerte, sie habe Gabriela nie für die Hausarbeit bezahlt, weil sie sie «wie eine Tochter behandelt» habe. Ihre sehr armen Eltern habe sie seit ihrem 11. Lebensjahr nicht mehr gesehen, erzählte Gabriela de Jesus. «Sie wohnen auf dem Land in Cansanção (im Bundesstaat Bahia 350 Kilometer von Salvador entfernt) und wollten mir eine bessere Zukunft bieten, deshalb haben sie mich damals diesem Ehepaar übergeben», sagte sie. Von ihren «neuen Eltern» sei sie nur drei Monate lang zur Schule geschickt worden. Danach habe sie all die Jahre täglich von vier Uhr morgens bis spät in die Nacht arbeiten müssen. «Jetzt will ich die verlorene Zeit nachholen, Freunde finden, zur Schule gehen», hofft die junge Frau.

Eine Million Haushaltshilfen

Minderjährige Hausmädchen sind in Brasilien auch in den Metropolen São Paulo oder Rio de Janeiro keine Seltenheit. Nach Schätzungen von Experten arbeiten im größten Land Lateinamerikas mehr als eine Million Mädchen im Alter zwischen 5 und 17 Jahren als Haushaltshilfen. Die meisten haben keinen Urlaub und erhalten einen Lohn unterhalb des Mindestgehalts von 415 Real (umgerechnet etwa 165 Euro) im Monat. Viele sind auch Opfer von sexueller Ausbeutung. (dpa)

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