Große Wut wegen schlechter Noten – da stach er zu

LUDWIGSHAFEN - 23-Jähriger stürmt mit Messer und Schreckschusswaffe in seine ehemaligeSchule, legt Feuer und attackiert einen Lehrer – der 58-jährige verblutet auf der Kellertreppe.
Für Hasan hat der Tag gut angefangen. Der 17-Jährige ist nicht in die Schule gegangen, weil er Führerscheinprüfung hatte – bestanden! Kaum zu Hause, kann er sich darüber nicht mehr Freude. „Hasan, wo bist du?“, sagt ein Freund am Telefon aufgeregt. „Die ganze Schule ist evakuiert!“ Hasan macht eine Ausbildung zum Fachinformatiker, Montags und donnerstags besucht er die Berufsbildende Schule für Technik in Ludwigshafen.. Die Schule, an der gerade ein Lehrer von einem wütenden Ex-Schüler erstochen wurde.
Selcuk ist da an diesem Tag, er sitzt im Ethikunterricht, die zweite Schulstunde. Plötzlich, gegen zehn, leuchtet das Glasfenster in der Tür, hellrot. Wie Feuer. „Unser Lehrer ist nachgucken gegangen“, sagt der 24-jährige. „Auf dem Gang brannte so ein bengalisches Feuer, wie bei Fußballspielen!“ Ein Lehrer aus einer anderen Klasse hält den Feuerlöscher drauf. „Erst dachte ich, da hat sich jemand einen Spaß erlaubt“, sagt Selcuk. Der Feueralarm geht los.
Selcuk, seine Klassenkameraden und die anderen Schüler laufen auf den Pausenhof. „Da haben wir uns gedacht, dass doch was Schlimmeres passiert ist“, sagt Selcuk. Im Hof stehen Polizeiwagen, die Feuerwehr, Krankenwagen und eine Spezialeinheit. Bewaffnet mit Maschinenpistolen. Es gibt anfangs nur Gerüchte bei den 2000 Schülern. „Ein paar meinten, das wäre ein Amoklauf gewesen“, sagt Selcuk.
Draußen riegeln dutzende Einsatzkräfte alles ab. Selcuks Mutter ruft an, besorgt. Sie hat in den Nachrichten von einem Amoklauf in Ludwigshafen gehört. Die Schüler werden heimgeschickt. Später sitzt Selcuk wie sein Kumpel Hasan zu Hause, verfolgt im Fernsehen und im Internet die Neuigkeiten. Hasan telefoniert mit Freunden. „In Panik war niemand, so jung sind wir ja nicht mehr und es wusste niemand genaues“, sagt er. Als Selcuk erfährt, dass ein Mann gestorben ist, ist er geschockt. Wer es ist? Selcuk weiß es nicht.
Ein 23-jähriger Ludwigshafener festgenommen wurde. Mit einer Schreckschusspistole und einem Kampfmesser bewaffnet ist er in ihre Schule im Stadtteil Mundenheim eingedrungen. Zuerst geht er in ein Nebengebäude. Die Werkstätten, in denen die Maler ausgebildet werden.
Dort, auf der Kellertreppe, sieht er den Lehrer. Er greift an. Schlechte Noten hat er von dem Lehrer bekommen. Jetzt rächt er sich. Die Wut kocht hoch. Mathematik und Werken soll der 58-Jährige unterrichtet haben, auf den der Ex-Schüler jetzt mit seinem Messer einsticht. Er lässt den Mann schwer verletzt liegen.
Der 23-Jährige läuft ins Hauptgebäude. Er geht durch die Gänge, schießt mit der Schreckschusspistole. Im dritten Geschoss, vor Selcuks Klassenzimmer, zündet er die Brandfackel. Als der Feueralarm losgeht, sind zwei Streifen sofort an der Schule, sie waren in der Nähe unterwegs. Auf dem Schulhof ruft ihnen jemand zu, dass drinnen geschossen wird. Die vier Polizisten zücken ihre Waffen, folgen den Schüssen, die durch das Gebäude hallen. Im dritten Stock finden sie den Täter – Er sieht die gezückten Waffen, da lässt er seine Schreckschusspistole fallen. Er ergibt sich.
Einsatzkräfte durchsuchen das evakuierte Gebäude. „Im Nebengebäude, auf der Kellertreppe,finden sie den Lehrer. „Er lebte, aber er war schwer verletzt“, sagt Kriminaldirektor Franz Leidecker. Der Lehrer stirbt dort auf der Treppe. Er hatte sich noch gewehrt, das zeigen später seine Verletzungen. Der 23-Jährige Ex-Schüler hat die Tat gestanden, heute wird er einem Haftrichter vorgeführt. 2004 hätte er die Schule verlassen, sagte er den Beamten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Mordes aus niederen Beweggründen.
Laura Kaufmann