Gothic-Festival: Finstere Kostüme, grelle Schminke
Hildesheim - Dunkle Kostüme, harte Klänge, kunstvolle Verkleidungen - einmal im Jahr wird Hildesheim zum Zentrum der deutschen Gothic-Szene. Dann pilgern Tausende oft ganz in schwarz Gekleidete auf den Flughafen und feiern das M'era Luna Festival.
In diesem Jahr waren es wieder mehr als 20 000, die Bands wie Placebo, In Extremo, Subway to Sally oder New Model Army sehen wollten. Doch neben der Musik steht vor allem das kunstvolle Verkleiden für viele Besucher im Zentrum.
Zwei Wochen hat Kerstin gebraucht, um das passende Kostüm zu nähen. Jetzt läuft sie wie ein Fantasiewesen über das Festivalgelände: Hufe, dunkle Flügel, die Kleidung aus Fell - das Märchen, aus dem sie stammen könnte, wäre sicherlich nichts für kleine Kinder. "Etwa eine Stunde hat es gedauert, bis ich heute richtig angekleidet war." Ihre Mühe wird mit viel Aufmerksamkeit belohnt. Immer wieder muss sie für Fotos anderer Gäste posieren.
Auch Lulu ist ein beliebtes Fotomotiv: Mit ihrem zerschlissenen Hochzeitskleid und dem Kunstblut auf ihrem Körper sieht sie aus wie aus einem Horrorfilm. Außerhalb des Festivalgeländes würde sie sicherlich einige Menschen erschrecken. Hier bekommt sie jedoch viel Lob für ihre detaillierte Verkleidung. Immer wieder schaut sie in eine Kamera und versucht, grimmig zu gucken, muss aber trotzdem dauernd lachen. Das Festival ist für sie etwas ganz Besonderes. "Ich treffe hier viele Gleichgesinnte, die ich im Alltag nicht so häufig sehe." Auch Yvonne aus Karlsruhe fährt aus diesen Gründen jedes Jahr wieder nach Hildesheim. "Die Leute sind toll, die Bands fantastisch, und die Atmosphäre mit nichts zu vergleichen."
Das sehen viele Gäste ähnlich. Seit dem Jahr 2000 gehört das M'era Luna Festival zu einer der wichtigsten Veranstaltungen der deutschen Gothic-Szene. Nur noch das Wave-Gotik-Treffen in Leipzig zieht mehr Besucher aus Deutschland und Europa an. Das Motto des Festivals lässt sich dabei ganz passend mit dem Spruch auf dem T-Shirt eines jungen Manns erklären: "Normale Leute machen mir Angst." Auf dem Gelände wundert es dann auch niemanden, wenn ein Kobold eine riesige Flagge schwenkt, junge Männer pinkfarbene Uniformen tragen oder auch schon Kinder ganz in schwarzer Kleidung und weiß geschminkt über den Platz laufen.
Doch trotz des martialischen Aussehens vieler Leute ist die Stimmung sehr friedlich. Nur einmal müssen die Sanitäter dann doch ausrücken: Eine junge Frau ist bei der Hitze zusammengebrochen und hat einen Sonnenstich.
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