Germanwings-Absturz: Theorien im Überblick

Keine Funksprüche, keine Daten, keine Anhaltspunkte. Noch immer ist nicht klar, wie Flug 4U9525 ohne jegliche Vorzeichen in den französischen Alpen zerschellen konnte. Das bietet Raum für mehr oder weniger realistische Theorien zur Absturz-Ursache.
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Was spielte sich in den Minuten vor dem Absturz im Cockpit des A320 ab?
dpa/AZ Was spielte sich in den Minuten vor dem Absturz im Cockpit des A320 ab?

Keine Funksprüche, keine Daten, keine Anhaltspunkte. Noch immer ist nicht klar, wie Flug 4U9525 ohne jegliche Vorzeichen in den französischen Alpen zerschellen konnte. Das bietet Raum für mehr oder weniger realistische Theorien zur Absturz-Ursache.

Paris – Fieberhaft suchen die Ermittler in Paris nach der Antwort auf die wichtigste Frage nach dem Absturz-Drama: Warum ging Flug 4U9525 ohne jegliches Notsignal in den rasanten Sinkflug über, änderte dabei nicht den vorgegebenen Kurs und zerschellte schließlich mit 150 Menschen an Bord in den französischen Alpen? Carsten Spohr, Chef der Germanwings-Mutter Lufthansa sagt, es sei ihm unerklärlich, wie ein technisch einwandfreies Flugzeug mit zwei erfahrenen Piloten verunglücken könne.

Aktuelle News zum Absturz von Flug 4U9525 finden Sie hier im Liveticker

Auch zwei Tage nach dem Absturz konnte die wichtigste Informationsquelle, die Blackbox mit dem Flugdatenschreiber, noch nicht gefunden werden. Aus der zweiten Blackbox mit dem Stimmenrekorder der Maschine wurden am Mittwoch erste Daten gesichert. Demnach soll zum Zeitpunkt des Absturzes nur ein Pilot im Cockpit gewesen sein. Diese Information gibt Raum für wilde Spekulationen. Gefühlt alle "Luftfahrtexperten" dieser Welt entwickeln die unterschiedlichsten Theorien zum Unglückshergang. Ein Überblick.

Die Theorien

1. Die Besatzung hat den Sinkflug bewusst eingeleitet

Der Airbus fiel nicht wie ein Stein vom Himmel. Laut Daten von Flightradar24 sank die Maschine mit einer durchschnittlichen Rate von 3500 Fuß pro Minute (17,8 Meter pro Sekunde). Die Besatzung muss also einen kontrollierten Sinkflug (open descent) eingeleitet haben. Für einen Notfall-Sinkflug (emergency descent) sank die Maschine zu langsam.

 

2. Besatzung war schon vorher handlungsunfähig

Dass sich der Kurs auch im Sinkflug nicht änderte, deutet darauf hin, dass der Autopilot aktiv war. Außerdem setzte die Besatzung weder einen Notruf noch einen anderen Funkspruch ab und reagierte auch nicht auf die Funksprüche der französischen Flugsicherung, die bis zuletzt versucht hatten (auch über Not-Frequenzen) Kontakt zum Cockpit herzustellen. Dazu kommt: Hätte die Besatzung, aus welchem Grund auch immer (kaputtes Triebwerk, brennende Ladung, etc.), den Sinkflug bewusst eingeleitet, hätte sie versucht, durch Abdrehen eine Kollision mit dem Bergmassiv zu verhindern und notzulanden.

 

3. Falsche Daten weitergeleitet

Ende November 2014 gab es ein Beinahe-Unglück mit einer Lufthansa-Maschine von Bilbao nach München. Damals waren die Lagesensoren der Maschine vereist und hatten falsche Daten an den Bordcomputer weitergeileitet. Dieser leitete einen Sinkflug ein, der nicht unterbrochen werden konnte. Nur die Erfahrung des Piloten, der den Computer überlistete und schließlich ausschalten konnte, hat der Besatzung und den Passagieren das Leben gerettet.

Weniger glimpflich endete ein ähnlicher Fall eines A320 von Air Asia Ende 2014. Auch hier gab es Probleme mit dem Computer. Die Piloten zogen den Stecker, das Flugzeug ging aber unkontrolliert in einen rasanten Steigflug, kippte dann und fiel wie ein Stein ins Meer. 162 Menschen starben, es gab keine Überlebenden.

4. Pilot alleine bewusstlos

Mittlerweile ist bestätigt: Die Analyse des Stimmenrekorders hat ergeben, dass einer der Piloten während des Absturzes aus dem Cockpit ausgesperrt war. Als ihm sein Kollege nicht öffnete, versuchte er schließlich, gewaltsam einzudringen. Warum der Pilot im Cockpit die Tür nicht öffnete, ist noch unklar. Luftfahrtexperte Tim van Beveren sagte im Gespräch mit N24, es gebe genügend "Möglichkeiten, die nicht unbedingt einen Vorsatz bedeuten".

Der Pilot könne also durch giftige Gase oder einen plötzlichen Druckverlust im Cockpit aus Versehen die Tür verriegelt haben. Seit dem 11. September 2001 gebe es laut van Beveren zwischen den beiden Pilotensitzen einen Schalter, dessen Betätigung die Cockpit-Tür für 20 Minuten verriegelt. In dieser Zeit könne die Tür auch nicht mit dem Notfall-Code, den jedes Besatzungsmitglied vor Antritt des Fluges bekommt, geöffnet werden.

Lesen Sie hier: Wieso war Tür für Pilot verschlossen?

5. Pilot bewusst ausgesperrt

Der Pilot im Cockpit könnte aber auch den Moment genutzt haben und den zweiten Piloten bewusst ausgesperrt haben. Das würde bedeuten, der Pilot könnte den Absturz bewusst herbeigeführt haben. Experten halten einen terroristischen Hintergrund für unwahrscheinlich. Solange die Ursache nicht endgültig geklärt ist,müssen aber alle Möglichkeiten in Betracht gezogen werden.

Update:

Wie die Staatsanwaltschaft in Marseille bei einer Pressekonferenz bekannt gab, geht man inzwischen davon aus, dass der Co-Pilot sich im Cockpit eingesperrt und den Absturz absichtlich herbeigeführt hat. Alle Infos zum neuesten Stand der Ermittlungen finden Sie hier im AZ-Liveticker

 

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