Friseur-Besuch gegen das Öl
NEW ORLEANS - Die Matte muss runter: Besorgte Amerikaner opfern ihr Haar für den Golf von Mexiko. In Nylon-Säcken sollen die Haare das Öl aufsaugen. Wissenschaftler bezweifeln zwar den Sinn dieser Aktion
Im Kampf gegen die Umweltkatastrophe am Golf von Mexiko lassen die Amerikaner offenbar nichts unversucht: Nach dem Einsatz von Mini-Robotern und dem missglückten Versuch, das Öl mit einer riesigen Stahlkuppel über dem Leck aufzufangen, müssen jetzt die Haare besorgter Amerikaner dran glauben.
Kein Scherz: Mit den abgeschnittenen Zotteln und auch Fellresten geschorener Haustiere soll der Ölfilm im Meer oder am Strand aufgesaugt werden. In der Praxis sieht das so aus: Die Haarabfälle werden in große, lange Nylonstrümpfe gestopft. Die Strümpfe werden danach wie Schwämme an der US-Südküste ausgelegt, wo das Öl bereits angekommen ist.
Wissenschaftler bezweifeln zwar den Sinn dieser Aktion – noch immer strömen täglich rund 800000 Liter Rohöl in den Atlantik. Doch die „Graswurzel“-Bewegung lässt sich nicht von der Idee mit den ungewöhnlichen Schwämmen abbringen. Hinter der haarigen Angelegenheit zur Rettung der Umwelt steht die Nichtregierungsoranisation „Matter of Trust“, die nach eigenen Angaben zurzeit täglich rund 205 Tonnen Haare und Fell einsammelt. Schon viele Friseure, Haustiersalons und sogar Schäfer hätten sich angeschlossen. Ein Friseur in Alabama kam angeblich schon 1989 auf die Idee mit den Haaren, als damals der Öltanker „Exxon Valdez“ vor Alaska unterging. Eine Organisation von Transvestiten steuert nun auch die gebrauchten Nylon-Strümpfe bei, hieß es.
Nach dem misslungenen Abdichtungsversuch des Bohrlochs prüft der Ölkonzern BP unterdessen drei Alternativlösungen. Die Experten wollen diesmal eine kleine Stahlbetonglocke einsetzen, erklärte der Chef der Rettungsoperation, Doug Suttles. Die Glocke sei frühestens heute einsatzbereit.
Ein erster Versuch, das offene Ölbohrloch am Meeresgrund mit einer vier Stockwerke hohen Stahlbetonglocke abzudecken, war gescheitert, weil sich in der riesigen Konstruktion Eiskristalle aus Gas und Wasser gebildet hatten (AZ berichtete). Dadurch wurden die Öffnungen verstopft, durch die das Öl kontrolliert abgepumpt werden sollte.
Die Experten überlegen auch, das Leck am Meeresgrund mit Lehm und Beton abzudichten. Diese „Top Kill“ genannte Technik benötigt allerdings zwei bis drei Wochen.
ah
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