Forscher wollen seine Alpen-Route gefunden haben
Turin - Wohl kaum ein antiker Kriegsschachzug fasziniert die Menschheit heute noch so wie Hannibals Alpen-Überquerung. Mit mehreren Tausend Soldaten und Pferden sowie 37 Elefanten soll der Feldherr (um 247 – 183 v. Chr.) um 218 vor Jesus Christus ins heutige Italien marschiert sein. Dort kämpfte der karthagische Heerführer dann mehrere Jahre lang gegen Rom und musste sich am Ende geschlagen geben.
Seine Alpen-Überquerung aber gilt bis heute als logistische und taktische Meisterleistung, die Wissenschaftler begeistert – und verwirrt, denn wo genau Hannibals Tross langzog, ist auch nach mehr als 2000 Jahren Forschung, Diskussion und Streit immer noch nicht geklärt.
Bis jetzt – behauptet zumindest ein Team von Forschern rund um den Geologen Bill Mahaney von der kanadischen York Universität in Toronto. „Unser internationales Team hat endlich solide Beweise für die wahrscheinlichste Transitroute erbracht“, schreibt Mikrobiologe Chris Allen von der Queens Universität im nordirischen Belfast in einer Zusammenfassung der Studie.
Forscher haben uralte Kotreste entdeckt
Das Ergebnis: Hannibal kam demnach wohl über den Col de la Traversette. Dieser fast 3000 Meter über dem Meeresspiegel gelegene Pass liegt an der französisch-italienischen Grenze, südöstlich von Grenoble und südwestlich von Turin.
Wie die Forscher auf diese Theorie kommen? An einem kleinen See am Rand des Alpen-Passes fanden sie eine große Menge uralter Kotreste, möglicherweise von Pferden, die sie auf etwa 200 vor Jesus Christus datieren konnten. „Das ist eine der wenigen Stellen in der Gegend, die zum Tränken großer Tiergruppen benutzt werden konnte“, schreibt Forscher Allen. „Sie wurde ursprünglich bei geologischen Expeditionen in die Gegend entdeckt und entspricht Beschreibungen von dem Terrain, durch das Hannibal zog.“
Diese Beschreibungen stammen hauptsächlich von den antiken Geschichtsschreibern Polybios und Titus Livius, die selbst nicht Teil von Hannibals Tross waren, aber wohl mit Augenzeugen beziehungsweise deren Nachfahren gesprochen hatten.
Auf dieser Basis hatten Forscher bislang zu drei möglichen Routen tendiert: Neben dem Col de Traversette waren das noch zwei weiter nördlich und weniger hoch gelegene Pässe, der französische Col de Montgenèvre und der Col de Clapier zwischen Frankreich und Italien.
Bislang ist man von einer anderen Route ausgegangen
Der Col de Clapier war bislang der Favorit der Wissenschaftler, da er ziemlich genau auf die Beschreibungen von Titus Livius zu passen schien. Forscher hatten den Pass auch schon mit Elefanten überquert – erfolgreich. Archäologische Beweise waren aber ausgeblieben.
„Möglicherweise waren die Berichte von Titus Livius eher Fiktion als Fakt“, schreibt Forscher Allen, der jetzt den Col de Traversette als Route ausgemacht haben will. „Warum Hannibal die schwierigere Traversette-Überquerung ausgewählt hat? Darüber können wir im Moment nur spekulieren.“
Abgeschlossen sei der Beweis seines Teams noch nicht, so Allen. Mit genauerer Gen-Analyse der Bakterien in dem antiken Kot müsse erst noch nachgewiesen werden, dass er wirklich von Pferden oder Menschen stamme. Das könne noch dauern. Trotzdem sorgt die im Fachmagazin „Archaeometry“ veröffentlichte Studie in der Wissenschaftswelt schon jetzt für ordentlich Wirbel.
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