"Food Noise": Ist es normal, ständig ans Essen zu denken?

Obsessive Gedanken ums Essen können das Leben beeinträchtigen. Was es mit dem Phänomen "Food Noise" auf sich hat und wie Betroffene wieder Ruhe finden können.
von  (mia/spot)
Wenn die Gedanken obsessiv ums Essen kreisen, nennt man das "Food Noise".
Wenn die Gedanken obsessiv ums Essen kreisen, nennt man das "Food Noise". © istock/cyano66 / iStock via Getty Images

Was koche ich heute Abend? Darf ich das überhaupt essen? Habe ich den letzten Cheat Day schon ausgeglichen? Menschen mit sogenanntem "Food Noise" kennen dieses zermürbende Gedankenkarussell nur zu gut. Der Kopf springt dabei wie automatisch immer wieder zu genau einem Thema: Essen.

Die britische Psychologin Dr. Charlotte Ord erklärt den Ausdruck gegenüber der BBC als "anhaltende, aufdringliche oder sich wiederholende Gedanken über Essen." Der Begriff stammt aus den USA und wurde besonders durch die "Abnehmspritzen" wie Ozempic oder Wegovy bekannt - auch, weil diese die ständigen Essensgedanken der Patienten endlich verstummen lassen.

Die rosa Pizza

Woher kommen diese Gedanken? Psychologin Ord sieht einen Zusammenhang zwischen dem Phänomen "Food Noise" und der Diätkultur die aktuell mit Skinny Tok und Magermodels ein neues Hoch erlebt. Es ist mit der fettigen Pizza wie mit dem rosa Elefanten, an den man nicht mehr denken soll: "Wenn wir durch Diäten Einschränkungen beim Essen erfahren, neigen wir dazu, uns übermäßig mit Essen zu beschäftigen."

Grundsätzlich ist es völlig normal, über Essen nachzudenken. Die meisten Menschen überlegen, was sie zum Abendessen kochen oder freuen sich auf ein leckeres Gericht. "Food Noise" dagegen ist anhaltend und aufdringlich und kann sogar auftauchen, wenn man gerade satt ist. Bei ausgeprägten Problemen kann sogar professionelle Hilfe nötig werden, etwa in Form einer Verhaltenstherapie.

Was gegen "Food Noise" helfen kann

Von Abnehmspritzen, um sich nicht nur lästiger Kilos, sondern auch der dazugehörigen Gedanken zu entledigen, rät Dr. Jack Mosley, Autor des Buchs "Food Noise", ab. Er vergleicht die Injektionen zur Gewichtsreduktion mit Noise-Cancelling-Kopfhörern - man setzt sie auf und kann seinen Tag verbringen, ohne ständig durch Geräusche bzw. Gedanken ans Essen abgelenkt zu werden. "Aber letztendlich kehrt dieses Geräusch mit voller Wucht zurück, wenn man sie abnimmt", so Mosley. Sobald man die Medikamente absetzt, werden "Food Noise"-anfällige Menschen wieder vor demselben Problem ihres Essverhaltens stehen.

Doch es gibt auch Wege ohne Chemie. Um Muster zu erkennen, ist es ratsam, ein "Food Noise"-Tagebuch zu führen. So lernen Betroffene, wann die Gedanken auftauchen oder besonders exzessiv werden. Wie die Ernährungswissenschaftlerin Isabelle Mack gegenüber dem Deutschlandfunk sagt, geht es dabei meistens gar nicht ums Essen: "Es fehlt oft generell an Struktur im Alltag." Ihre Empfehlung ist, eine vernünftige Mahlzeitenstruktur zu entwickeln, dem Körper ausreichend Energie zu geben und genug Regenerationszeit einzuplanen. Ein weiterer Tipp ist, sein Essen wöchentlich zu planen. Das kann Stress reduzieren, weil es die "Baustelle Essen" schließt.

Weniger Kontrolle und Verbote - mehr Entspannung

Forscher testeten zudem schon 2010 in einer Studie verschiedene Ablenkungsmöglichkeiten von den intrusiven Essensgedanken. Tatsächlich konnten Methoden wie geführte achtsamkeitsbasierte Körperwahrnehmung und sogar Gedankenunterdrückung die Essensgedanken reduzieren. Zudem sollte die eigene Einstellung zum Essen hinterfragt werden. Am Ende geht es darum, eine entspannte Beziehung zum Essen zurückzugewinnen - fernab von Verboten und ständiger Selbstkontrolle.

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