Flucht aus Tunesien: Weg vom Ex

Tina R. aus Düsseldorf floh mit ihrer kleinen Tochter vor ihrem tunesischen Ex-Mann. Weil sie kein Visum bekam, wählte sie eine gefährliche Variante: ein völlig überfülltes Flüchtlingsboot.
Djerba/Düsseldorf - Der tunesische Volksaufstand war für Tina R. die Chance ihres Lebens: Die Wirren der Unruhen hat die 40-jährige Frau aus Düsseldorf genutzt, um sich und ihre neunjährige Tochter aus der Hand ihres gewalttätigen ExMannes zu befreien. Weil sie monatelang kein Ausreisevisum erhielt, wagte sie das Äußerste: Sie begab sich und ihre kleine Amira in die Hände eines Schleppers. An Bord eines völlig überfüllten Flüchtlingsboots landete Tina R. am Montagabend auf der sizilianischen Insel Lampedusa.
Ihre Flucht war ein waghalsiges Unterfangen: Rund 2000 Euro zahlte die Lehrerin an die Schleuser, erzählte sie „Spiegel Online“. „Bis zum Bauch“ habe sie im Wasser gestanden, als sie zum Beiboot waten musste – Amira und ihre Habseligkeiten mühsam an sich gepresst. 110 Menschen drängten sich während der 20-stündigen Überfahrt auf dem Kahn zusammen – „zwischen uns hat keine Zigarette gepasst“, erzählt sie. Es habe kaum Essen gegeben und keine Toilette.
„Es war unbeschreiblich“, erzählt Tina R. den Spiegel-Reportern. „Aber nicht der schlimmste Moment der vergangenen vier Jahre.“ Seit vier Jahren versucht Tina R., ihre Tochter aus den Händen ihres Ex-Mannes zu befreien. Vor elf Jahren lernte sie den Tunesier kennen, 2007 hatte sie sich scheiden lassen – er hatte sie und das Kind geschlagen.
Die Scheidung sei rechtskräftig, sogar das Sorgerecht habe ein tunesisches Gericht der Frau zugesprochen – aber ihr Ex sei ein einflussreicher Arzt auf Djerba, mit guten Kontakten zu den korrupten Behörden. Er habe stets einen Weg gefunden, ihre Ausreise zu verhindern. Immer wieder flog Tina R. zu ihrer Tochter – bis ihr der Ex zuletzt den Pass abnahm. Mutter und Tochter waren ausgeliefert. Doch dann kamen die Unruhen – und Tina R. nutzte ihre letzte Chance.