"Fleischatlas": Unser Schnitzel und die Folgen
Berlin - Schweinsbraten, Steak oder Bratwürstel – bei solchen Spezialitäten greift der Deutsche gerne zu. Beim Fleischkonsum haben wir noch immer einen internationalen Spitzenplatz. Dass das Schnitzel auf dem Teller immense globale Auswirkungen hat, wissen nur die Wenigsten. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), die Heinrich-Böll-Stiftung und Le Monde Diplomatique erklären jetzt in einem „Fleischatlas“ anschaulich, was der deutsche Braten mit dem Regenwald, massiver Umweltverschmutzung und gigantischem Rohstoffverbrauch zu tun hat und zeigen die Mechanismen der weltumspannenden Fleischwirtschaft.
Wie viel Fleisch isst der Deutsche überhaupt? Im Lauf seines Lebens isst der Deutsche durchschnittlich 1094 Tiere, verteilt auf vier Rinder, vier Schafe, 12 Gänse, 37 Enten, 46 Schweine, 46 Puten und 945 Hühner. Pro Jahr kommt er auf 60 Kilo Fleisch. Das ist doppelt so viel, wie Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern verzehren. In den ärmsten Ländern der Welt liegt der Fleischkonsum bei unter zehn Kilo pro Jahr und Kopf.
Wie viel Fleisch wird in Deutschland produziert? Deutsche Fleischfabriken erzeugen etwa 17 Prozent mehr Fleisch, als gegessen wird. Der Rest wird exportiert. Fleischhandel ist ein lukratives Geschäft. Allerdings nur für große Konzerne aus den Industrienationen. Auch mit Fleischteilen wird gehandelt. Beim Hühnchen etwa isst man hierzulande vor allem das Brustfilet. Die Reste werden dann in Länder geliefert, wo man das Tier noch komplett verarbeitet. So zerstörten in den 90ern europäische Billigimporte die Geflügelproduktion in Ghana.
Sind wirklich Antibiotika im Fleisch? Der Bericht zeigt, dass Massentierhaltung ohne flächendeckenden Antibiotika-Einsatz nicht zu machen ist. Deutschland liegt im weltweiten Vergleich auf einem der vorderen Plätze mit etwa 170 Milligramm Antibiotika pro Kilo Fleisch. Die Folge sind Bakterien und Keime, die resistent gegen Antibiotika sind. Für anfällige Menschen können sie gefährlich werden. Europaweit gibt es jährlich rund 25000 Todesfälle, weil Infektionen durch resistente Keime nicht wirksam behandelt werden können.
Was hat das deutsche Rindersteak mit dem brasilianischen Regenwald zu tun? Die meisten landwirtschaftlichen Flächen der Welt werden für die Fleischproduktion genutzt: als Weidefläche und für den Anbau von Futtermitteln. 60 Prozent der deutschen Getreideproduktion und 70 Prozent des Anbaus von Soja, Raps und Sonnenblumen landen als Futter im Tier. Zusätzlich wird fast ein Drittel der Futtermittel importiert. Brasilien ist für die EU der größte Futtermittel-Importeur. Dort werden riesige Regenwaldflächen gerodet. Laut Experten ist die Tierproduktion nach der Holznutzung die zweitgrößte Bedrohung für den Regenwald.
Die Überdüngung der Felder und Weiden zerstört zudem die Artenvielfalt bei Tieren und Pflanzen. Boden und Grundwasser und somit Seen, Flüsse und Meere werden stark verschmutzt. Die Fleischproduktion verbraucht außerdem viel Wasser: In einem Kilo Rindfleisch stecken 15500 Liter Wasser, für Bewässerung von Futterpflanzen und als Trinkwasser.
Warum bekommen die Tiere überhaupt Soja-Futter? Hier geht es um den Ertrag. Bei der Fleischproduktion, aber auch bei der von Milch und Eiern, will man möglichst viel aus dem Tier herausholen. Darum bekommen sie einen hohen Anteil Kraftfutter, wie Soja und Getreide.
Was kann ich als Fleisch-Esser tun? Kathrin Birkel vom BUND rät, weniger Fleisch zu essen und beim Einkauf auf gute Haltung zu achten. Bio-Tiere stammen aus weniger intensiver Haltung, bekommen keine Medikamente und werden nicht mit importierem Soja gefüttert. Der BUND fordert außerdem von der Politik eine Kennzeichnung von Fleischprodukten, nach Herkunft und Fütterung, damit der Verbraucher eine Wahl hat. Bei Eiern hat dies schon gut funktioniert: Seit der Stempelcode die Herkunft anzeigen muss, hat sich der Markt radikal verändert.
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