"Fish and Chips" am Hindukusch

Kabul - das ist mehr als Taliban, Bomben und Burkas. In der afghanischen Hauptstadt etabliert sich internationale Esskultur. Der neueste Hot-Spot: Fisch und Fritten.
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Der neueste Trend in Kabul: "Fish and Chips".
dpa Der neueste Trend in Kabul: "Fish and Chips".

Kabul – "Mr. Cod": Das Neonschild blinkt an der Fassade des Kabul Tower, einem Hochhaus in der afghanischen Hauptstadt. Das Restaurant serviert Fish and Chips - also in Backteig frittiertes Fischfilet mit Pommes frites - wie man es sonst aus Großbritannien kennt.

Restaurantbesitzer Bashir Halimi will dieses so typisch britische Konzept den Afghanen näherbringen. "Ich will den Geschmack Großbritanniens servieren", sagt er. Sowohl Fisch als auch Fritten, beides kenne man in Afghanistan, fügt der 29-Jährige hinzu. "Aber ich wollte eine bessere Qualität anbieten."

Seit Mitte Februar ist "Mr. Cod", was auf deutsch "Herr Kabeljau" heißt, im Geschäft. Das helle Restaurant ist im Strand-Look eingerichtet: Helle Holzmöbel, Rettungsringe an den Wänden, ein Aquarium mit Zierfischen. Im Fernsehen laufen afghanische Musikvideos oder Kricket. Und überall das Maskottchen, ein freundlich grinsender Fisch im Matrosenlook mit Hut und Ringelshirt.

Die Gäste scheinen den Köder geschluckt zu haben - Backfisch und Fischburger gehen weg wie warme Semmeln. "Die Kunden wirken zufrieden", meint Halimi, der in Kanada Wirtschaft studiert hat.

Ali genießt seine Mahlzeit. Er habe in sozialen Medien von dem Restaurant gehört, sagt der Student. "Großartig, etwas Neues in Afghanistan", meint er. Sein Kumpel Esmatullah stimmt zu: "Es ist das erste Mal, dass ich ausländisches Essen probiert habe, und es schmeckt mir sehr gut."

Restaurants, in denen nicht-traditionelles Essen serviert wird, boomen seit der Entmachtung der Taliban und dem Beginn der Nato-Kampfmission 2001. Auch die Sicherheitslage und die nicht enden wollende Serie von Anschlägen konnten diesen Trend nicht aufhalten. Westliche Restaurantketten wetteifern mit "Afghan Fried Chicken" und anderen lokalen Unternehmen. Zielgruppe waren bislang vor allem Ausländer und wohlhabende Einheimische. Für Afghanen mit landesüblichem Einkommen sind Besuche in vielen dieser Restaurants unerschwinglich.

Halimi will Angehörige der Mittelschicht als Kunden anlocken. Im Schnitt bewirtet "Mr. Cod" derzeit 250 Gäste am Tag, vor allem Familien und junge Menschen. "Ein mittleres Menü kostet im Durchschnitt 240 Afghani", erklärt Halimi. Das sind umgerechnet 3,70 Euro, eine ganze Menge in einem Land, wo das durchschnittliche Jahreseinkommen nach Berechnungen der Weltbank bei 680 US-Dollar (600 Euro) liegt.

Afghanistans Wirtschaftslage ist alles andere als rosig: Die Arbeitslosenrate ist auf 30 bis 35 Prozent angestiegen. Unter anderem hat der Abzug der Nato-Truppen Arbeitsplätze gekostet.

"Mr Cod" mache ihn noch nicht reich, meint Halimi, der mehrere Hunderttausend Euro in sein Projekt investiert hat. Fisch und Fleisch werden aus Großbritannien, den Niederlanden und Pakistan importiert - das kostet. In Zukunft möchte er mehr mit Lieferanten vor Ort zusammenarbeiten. "Meine Miete sind 6000 Dollar im Monat. Und ich muss 22 Mitarbeiter bezahlen."

Der Unternehmer hofft trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds auf größeren Kundenzulauf und plant weitere Filialen. Eine Motivation: "Wir sollten in unser Heimatland investieren."

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