Feuchtgebiete dank Dr. Sex

Vor 60 Jahren veröffentlicht Alfred C. Kinsey seinen nach ihm benannten Report – und bricht mit allen Tabus des Sexuallebens. Und er ist heute noch so aktuell wie damals
Michael Heinrich |
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Vor 60 Jahren veröffentlicht Alfred C. Kinsey seinen nach ihm benannten Report – und bricht mit allen Tabus des Sexuallebens. Und er ist heute noch so aktuell wie damals

München Er ist 60 Jahre alt – und doch immer noch aktuell: Im Sommer 1953 schockierte der amerikanische Biologe Alfred Charles Kinsey seine Landsleute mit seinem Buch „Das sexuelle Verhalten der Frau“. Es war eine Pioniertat und ein Kulturschock, dass Menschen so offen darüber sprachen, was sie im Bett (und anderswo) trieben. Selbstbefriedigung, Seitensprünge, schwule Gefühle – das waren bis Kinsey (der schon fünf Jahre zuvor einen Report über das Sexualleben der Männer veröffentlicht hatte) Tabuthemen, die nicht einmal zwischen den Intimpartnern, geschweige denn in der Öffentlichkeit besprochen wurden.

Kinsey ist auch heute noch aktuell: „Unser Sexualleben hat sich im Grunde nicht geändert. Die Menschen sprechen nur offener darüber“, sagte der Münchner Psychologe und Sexualtherapeut Paul Kochenstein gestern der AZ. Offen war damals schon der eigentliche Insektenforscher Kinsey, der bei seinen aufwändigen Recherchen für den „Kinsey-Report“ zusammen mit seinem Team rund 6000 Frauen befragte. „Welches Organ kann sich in Sekunden auf das über Hundertfache vergrößern?“, fragte er im Jahr 1938 eine Studentin im Hörsaal. Die, errötend: „Herr Professor, ich bin gerade erst verlobt!“ Er: „Ich spreche von der menschlichen Iris. Sie werden einmal sehr enttäuscht sein.“

„Dr. Sex“ schonte bei den Befragungen weder Mitarbeiter - und schon gar nicht seine Probanden. So ließ er 2000 Männer vor der Kamera onanieren, um herauszufinden, ob Sperma spritzt oder tropft. Und er veranstaltete Gruppensex zwischen seinen Mitarbeitern, deren Ehepartnern und anderen Freiwilligen und beobachtete das. Erstmals erfuhr die Nation detailliert über die große Vielfalt sexueller Wünsche und Handlungen ihrer Männer, Frauen und Jugendlichen. Sie erfuhr „Erschütterndes“ über bislang tabuisierte Themen wie Homosexualität und Onanie, über orale und anale Formen der Triebbefriedigung, über Bordellbesuche und Ejakulation, über Orgasmus und Frigidität, über Sexualität in der Kindheit und im hohen Alter. Kochenstein glaubt, dass das, was Kinsey vor 60 Jahren herausgefunden hat, heute noch die gleiche Gültigkeit hat, auch wenn die aktuelle Sexualforschung vielleicht etwas genauer sei.

Die Tabus seien alle gebrochen worden – wie man an Romanen wie „Feuchtgebiete“ oder „Shades of Grey“ und deren Verfilmungen sehe. Nur die eigene Sexualpraxis ist in privaten Gesprächen meist noch ein Tabu – auch 60 Jahre nach Kinsey noch.

 

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