Fast so wie Monty Python am Flughafen

MÜNCHEN/LONDON - Gestrichene Flüge, gestrandete Passagiere, herrenlose Koffer - Chaos am neuen Terminal des Londoner Flughafens Heathrow. Ist ein Start wirklich so kompliziert? - Die AZ fragte den Münchner Flughafen-Vorstand.
Das Trauerspiel von Heathrow: Die ganze Flieger-Welt schaut nach London, registriert das Durcheinander seit der Eröffnung des hochmodernen Terminal 5. Hunderte ausgefallene Flüge, zigtausende herrenlose Gepäckstücke, Hohn, Spott und Ärger. „Komplettes Chaos – als wäre die Monty Python- Truppe für alles verantwortlich wäre“, schimpfte ein verhinderter Passagier in einem Brief an die London Times. Ist ein Terminal-Start wirklich so kompliziert? Die AZ fragte bei einem Profi nach – beim Münchner Flughafen-Vorstand Peter Trautmann.
Seit dem Umzug von Riem ins Erdinger Moos im Jahr 1992 hat der Münchner Flughafen eine Beratergruppe „mit spezifischen Kenntnissen“ weltweit im Einsatz. Sie berät und koordiniert Inbetriebnahmen. „Das System ist immer dasselbe“, erklärt Trautmann. Wichtig sind Kapazität, Kommunikation, Information – und die Gepäckanlage. „Wenn man alle drei Bereiche im Griff hat, ist die Hälfte gewonnen“, weiß der Flughafen-Vorstand aus langjähriger Erfahrung.
Eigentlich lief alles gut
Abgesichert wird das durch Probebetriebe – zunächst für die einzelnen Bereiche, dann fürs gesamte komplexe System auf einmal. Bei dieses Tests war die Münchner Truppe in Heathrow beratend beteiligt. Und kam zum Schluss, dass eigentlich alles gut lief. „Eine Ferndiagnose ist natürlich äußerst schwierig“, sagt der FMG-Vorstand. Seine Vermutung: „Die Probleme haben möglicherweise viel mit dem Personal zu tun.“
Waren die Mitarbeiter nicht ausreichend geschult? Und: Gab’s Defizite bei der Gepäck-Logistik? Und zwar an einer entscheidenden Schnittstelle – dort, wo die Koffer aus der Sortier- Anlage an die Container treffen, die dann zum Flieger gefahren werden?
Mailand hilft London
Ein Indiz dafür ist die Tatsache, dass die Gepäckanlage in Heathrow relativ schnell „vollgelaufen“ war – sich also 5000 bis 6000 Koffer an dieser neuralgischen Stelle ansammelten. Und dann war das Chaos perfekt. British Airways (BA) gab inzwischen zu, dass sich nur 50 der 800 Gepäckabfertiger am Probebetrieb beteiligt hatten. Was Trautmanns Vermutungen bestätigt.
In London hat man inzwischen zu einem spektakulär erscheinenden, aber durchaus bewährten Mittel gegriffen, um das Koffer-Chaos in den Griff zu bekommen: Das herrenlose Gepäck wird nach Mailand (!) gebracht, dort von einer Spezialfirma sortiert und zugestellt. Für Donnerstag hat BA versprochen, dass 92 Prozent aller fürs Terminal 5 geplanten Flüge tatsächlich stattfinden und dass das Gepäck der Passagiere auch wirklich mitgenommen wird . . .
R. Huber