Fall Mirco: Es war ein Familienvater

Die Polizei ist sich sicher, dass sie diesmal den Täter hat – er lebte unauffällig in der Nähe von Grefrath.
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Der zehn Jahre alt Mirco: Mit diesem Foto wurde seit Monaten nach dem Buben gefahndet. Jetzt wurde seine Leiche gefunden.
dpa 2 Der zehn Jahre alt Mirco: Mit diesem Foto wurde seit Monaten nach dem Buben gefahndet. Jetzt wurde seine Leiche gefunden.
Kommentare von Mitbürgern liegen an der Fundstelle von Kleidungsstücken von Mirco.
dpa 2 Kommentare von Mitbürgern liegen an der Fundstelle von Kleidungsstücken von Mirco.

MÖNCHENGLADBACH/GREFRATH - Die Polizei ist sich sicher, dass sie diesmal den Täter hat – er lebte unauffällig in der Nähe von Grefrath.

Mircos Leiche ist gefunden, sein Mörder ist wohl gefasst. Nach knapp fünf Monaten gibt es traurige Gewissheit für die Eltern des 10-jährigen Buben. Ihr Sohn, der am 3. September auf den Nachhauseweg von einer Skate-Anlage verschwand, ist ermordet worden. Am Mittwoch verhaftete die Polizei einen dringend Tatverdächtigen, einen 46-jährigen Familienvater aus der Gegend. Kurz darauf wurde die Suche nach Mircos Leiche wieder aufgenommen – diesmal mit Erfolg. „Das Schicksal von Mirco ist geklärt“, sagte ein Sprecher der Polizei. Der Mann soll gestanden haben.

Entscheidend war der Passat Kombi des Mannes. Nachdem die größte Suchaktion, die jemals in Deutschland stattgefunden hat, erfolglos blieb, ging der richtige Hinweis bei der Polizei ein. Der wurde dem Mörder letztendlich zum Verhängnis: Eine Frau hatte in der Tatnacht den schwarzen Passat bemerkt – und zwar an der Stelle, wo später Mircos Poloshirt und Handy gefunden wurden.

15000 Passat Kombis, die in der niederrheinischen Region Grefrath zugelassen sind, standen zur Überprüfung. „Wir haben von Anfang an gesagt, wenn wir den richtigen VW Passat in der Kontrolle haben, dann wird uns das zum Täter führen“, sagte Polizeisprecher Peter Spiertz. Diese Vermutung hat sich jetzt bestätigt.

Ein Mann aus der Region, ein zweifacher Familienvater versuchte seinen schwarzen Passat dringend loszuwerden. Angeblich wollte der Mann aus Schwalmtal im Kreis Viersen das Auto nach Holland verkaufen. Da zog sich die Schlinge zu: „Wir haben uns dem Verdächtigen aus vielen Richtungen genähert“, sagte Spiertz.

Vermutlich wurde Mirco sexuell missbraucht

Auch Profiler, psychologisch Fallanalytiker genannt, waren an der Überführung des Täters beteiligt. Nach monatelanger Puzzle-Arbeit führte ihre Arbeit zum Ziel. Mircos Mörder müsste ein unauffälliges Leben führen, in der Region wohnen und über sehr genaue Ortskenntnisse verfügen. Das traf auf den Verdächtigen zu. Trotzdem hält sich die Polizei zunächst bedeckt. Es ist nicht die erste Festnahme im Fall Mirco. Bisher stellten sich alle Verdächtigen als unschuldig heraus.

Der Mann wird am Mittwochabend zunächst aufs Revier nach Mönchengladbach gebracht. Nach mehreren Verhören beantragen die Ermittler am Donnerstag Haftbefehl. Offenbar hat der Mann den Mord an Mirco gestanden. Berichte, wonach die Fahnder das Gebiet zwischen Grefrath und Wankum durchkämmten, bestätigte der Polizeisprecher nicht.

Laut „Rheinischer Post“ wohnt der Festgenommene nur 16 Kilometer von Grefrath entfernt. Es soll als Berufspendler bei einem großen Konzern in Bonn arbeiten und einen silbergrauen Passat mit Münsteraner Kennzeichen gefahren sein. Das Fahrzeug wurde bereits am Mittwoch sichergestellt. Nachbarn beschreiben ihn als unauffälligen Bewohner. Besonders grausig: Der Mann ist Vater von zwei Kindern.

Bislang geht die Polizei davon an, dass Mirco sexuell missbraucht wurde. Über die Motive des Täters kann bislang nur spekuliert werden. Heute will die Polizei näheres mitteilen.

Rückblick: Am 3. September ist Mirco mit dem Rad auf einem Skate-Platz in Grefrath unterwegs. Seine Mutter ruft ihn auf dem Handy an und bittet ihn, nach Hause zu fahren. Dort kommt er nie an. Am nächsten Tag wird sein Rad und seine Hose gefunden, dann das Handy.

Seither war in dem 15000-Einwohner-Ort nichts mehr wie zuvor. Die Schaufenster sind tapeziert mit Fahndungsplakaten. „Die Entführung hat den Ort verändert“, sagt Helga Kamrau (58) der „Rheinischen Post“. Sie wohnt nur wenige Häuser von Mircos Eltern entfernt, „seit das mit dem Kleinen passiert ist, sieht man hier kaum noch Kinder allein auf der Straße. An der Bushaltestelle stehen sie nur in Grüppchen, vor der Schule stauen sich die Autos, weil alle Eltern ihre Kinder persönlich bringen und wieder abholen.“

Die Fahndungsplakate werden schnell wieder verschwinden aus Grefrath, auch die großen Schilder im Ort, auf die die Anwohner in großen Buchstaben geschrieben haben: „Sag endlich, wo Mirco ist“. Bis die Trauer um den 10-jährigen Buben verschwunden ist, wird es viel länger dauern. Mircos Eltern und seine drei Geschwister werden wohl noch längere Zeit von Psychologen betreut.

Johanna Jauernig

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