Fall Kevin: Amtsvormund vor Gericht
Der Bub (2) lag vor dreieinhalb Jahren tot im Kühlschrank – die Polizei fand den Bub. Seit gestern muss sich sein Amtsvormund Bert K. wegen fahrlässiger Tötung vor dem Landgericht Bremen verantworten.
BREMEN Die Polizei fand Kevin (2) tot im Kühlschrank seines drogenabhängigen Ziehvaters. Der Fall, der sich vor dreieinhalb Jahren in Bremen abspielte, ist beispielhaft für das Versagen des Staates bei der Kinderfürsorge. Seit gestern nun steht Kevins früherer Amtsvormund Bert K. wegen fahrlässiger Tötung vor dem Landgericht Bremen.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 67-Jährigen vor, den kleinen Jungen trotz zahlreicher Hinweise auf Misshandlungen nicht rechtzeitig in staatliche Obhut genommen zu haben. „Seither ist kein Tag vergangen, an dem ich nicht an den Jungen gedacht habe“, bedauerte der pensionierte Mitarbeiter der Sozialbehörde zum Prozessauftakt. Er trauere um Kevin heute noch genauso wie damals. Er frage sich, was er falsch gemacht habe. Er habe seinen Beruf ernst und engagiert wahrgenommen. Er habe damals 230 Kinder gleichzeitig betreuen müssen. Erst später wurde das Personal entlastet, inzwischen betreuen die Amtsvormunde in Bremen nur noch 90 Kinder.
Dennoch: Spätestens seit Februar 2006 hätte der Amtsvormund aufgrund seiner Ausbildung und langjährigen Berufserfahrung die „dringende Gefährdung für Leib und Leben“ des Kindes erkennen müssen, sagte Staatsanwältin Bettina Hohage.
Zwar habe der zuständige Fallmanager den Amtsvormund nur unvollständig über die Meldungen zu Misshandlungen und das Gewaltpotenzial des Ziehvaters informiert. Der Angeklagte hätte aber in die Jugendamtsakten einsehen und sich selbst informieren können.
Der zweijährige Kevin war im Oktober 2006 mit zahlreichen Knochenbrüchen tot im Kühlschrank der elterlichen Wohnung in Bremen aufgefunden worden. Der Ziehvater des Kindes wurde im Oktober 2008 wegen Körperverletzung mit Todesfolge und Misshandlung Schutzbefohlener zu zehn Jahren Haft verurteilt.
Das Jugendamt hatte seit dem Tod von Kevins Mutter im November 2005 die Vormundschaft über das Kind.
Für den Prozess sind bis Dezember 24 Verhandlungstage angesetzt. Als Zeuge ist auch der verurteilte Ziehvater Kevins geladen. Bert K. droht eine Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Haft.
Der ebenfalls angeklagte frühere Fallmanager Kevins muss sich wegen einer schweren, lebensgefährlichen Erkrankung nicht vor Gericht verantworten. Er sei dauerhaft verhandlungsfähig, sagte ein Gerichtssprecher. ah
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