„Es ist ein Wunder“

Ein müder Schatten hängt um Barbara Lapenna-Brakus’ Augen. Zeichen der tagelangen Anspannung: Der Stockdorfer Bogdan Brakus überlebte das Erdbeben – seine Frau ist überglücklich.
von  Abendzeitung
Bald kommt er wieder heim: Barbara Lapenna-Brakus zeigt glücklich ein Foto ihres Mannes beim Klettern.
Bald kommt er wieder heim: Barbara Lapenna-Brakus zeigt glücklich ein Foto ihres Mannes beim Klettern. © Daniel von Loeper

Ein müder Schatten hängt um Barbara Lapenna-Brakus’ Augen. Zeichen der tagelangen Anspannung: Der Stockdorfer Bogdan Brakus überlebte das Erdbeben – seine Frau ist überglücklich.

MÜNCHEN Ein müder Schatten hängt um Barbara Lapenna-Brakus’ Augen. Zeichen der tagelangen Anspannung: Gepeinigt von den schlimmsten Ängsten, immer neben dem Telefon, hoffend auf Nachricht von ihrem Mann.

Denn Reiseleiter Bogdan Brakus brach vor sechs Wochen auf in die Provinz Sichuan – das Zentrum des verheerenden Erdbebens in China. Seit Montag war er spurlos verschwunden.

Über den Horror ihrer tagelangen Zitterpartie kann die 66-Jährige kaum sprechen. „Ich war zwar extrem beunruhigt, aber anfangs noch einigermaßen zuversichtlich“, erzählt sie. „Mit jeder Stunde, die ohne gute Nachricht verstrich, hatte ich schrecklichere Bilder im Kopf.“

„Ich bin es ja gewöhnt, mir Sorgen zu machen“

Die Meldung über das Erdbeben erreichte die Reiseleiterin in ihrem Ferienhaus in Kroatien. Zwischen all den Mitbringseln aus fernen Ländern, die sie und ihr Mann auf über 2200 Bergsteiger-Touren gesammelt haben. „Ich bin es ja gewöhnt, mir Sorgen zu machen“, sagt sie. Er ist der größere Abenteurer von beiden. Lapenna-Brakus: „Aber ich weiß normalerweise, dass er vorsichtig ist.“

Gegen eine Naturkatastrophe allerdings ist jede Vorsicht machtlos. Der aus Kroatien stammende Stockdorfer Bogdan Brakus kletterte erst mit einem Freund durch das chinesische Gebirge, traf sich dann mit Manfred Häupl, Chef der Agentur Hauser, für die die Brakus arbeiten. Die beiden wollten eine Trekking-Tour ausprobieren, um sie später Touristen anzubieten.

„Mein Mann fuhr zurück nach Chengdu, um sein Visum verlängern zu lassen“, sagt die 66-Jährige. Als die Erde zu beben begann, saß Bogdan Brakus mit zwei chinesischen Begleitern im Auto, sie fuhren gerade über eine Brücke. „Alles begann sich zu bewegen, es war die Hölle“, erzählt Brakus später am Telefon. Aber die Brücke hielt. Die drei schafften es mit dem Wagen bis zu einem Bergdorf, wo sie die nächsten Tage verbrachten – abgeschnitten von der Außenwelt, aber vollkommen unversehrt. „Ein wahres Wunder“, sagt Barbara Lapenna-Brakus, und man sieht ihr an, dass sie dieses Glück selbst noch kaum fassen kann.

Bis tief in die Nacht gefeiert

Ein chinesischer Vertreter der Agentur überbrachte ihr die frohe Botschaft am Freitag. „Da haben wir erst mal den Schnaps rausgeholt“, lacht sie. Den 37-jährigen Sohn in München informiert, der ebenfalls ganz krank war vor Sorge. Und dann mit Freunden gefeiert bis tief in die Nacht. „Die Erleichterung kann ich gar nicht nicht in Worte fassen.“

Trotzdem ist die Freude getrübt. „So viele Tote, unter Trümmern begraben. Das nagt an mir.“ Seit gestern ist sie zurück in Stockdorf. Und konnte das erste Mal mit ihrem Mann telefonieren. „Mir geht’s gut – was regst du dich so auf?“, hat der 62-Jährige gefragt. Er wartet auf den nächsten Flug nach Hause. Und schon im Juni klettern die beiden Nimmermüden dann durch die kroatischen Berge.

„Vielleicht wird Bogdan ja jetzt etwas ruhiger“, sagt seine Frau. „Viel Hoffnung hab ich allerdings nicht.“

Laura Kaufmann

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