Er stellt sich: Der Mörder von Michelle ist gefasst
Die Polizei wertete 20 000 Spuren aus und führte 10 000 Befragungen durch - ohne Ergebnis. Jetzt gestand ein 18-Jähriger, vor einem halben Jahr in Leipzig die Achtjährige getötet und die Leiche in einen See geworfen zu haben.
LEIPZIG Das Verbrechen erschütterte im Sommer 2008 ganz Deutschland: Im August verschwindet die achtjährige Michelle in Leipzig auf dem Heimweg vom nahe gelegenen Schulhort. Nur drei Tage später wird ihre Leiche gefunden, nackt, in einem Teich in einem Wäldchen, das in unmittelbarer Nähe des Wohnortes des kleinen Mädchens liegt. Trotz intensiver Fahndung gibt es keine Spur vom Täter. Jetzt, sieben Monaten später, hat sich Michelles Mörder gestellt: Es ist ein 18-Jähriger, der bei seiner Mutter wohnt, nur wenige hundert Meter vom Tatort entfernt.
Offenbar gehört der Mann, der eine Förderausbildung absolviert, zu den zahlreichen Männern aus der Bekanntschaft und weiteren Nachbarschaft der Familie, die die Polizei zu einer freiwilligen Speichelprobe aufgefordert hatte; er hatte dies jedoch immer wieder abgelehnt.
Interessant ist, dass er zumindest teilweise in das Bild vom Täter passt, das Profiler der Polizei bereits wenige Tage nach dem Mord abgeliefert hatten. Danach suchte die Polizei einen Mann mit geringer Bildung, der im selben Viertel wie sein Opfer wohnt. Doch diese Spur verlor sich. Genauso wenig ergaben die zahlreichen aufwändigen Suchaktionen, unter anderem in vielen leer stehenden Fabrikgebäuden, die es in der Umgebung gibt. Auch die Kleidung des kleinen Mädchens tauchte nicht auf.
Die hoffen die Fahnder jetzt im Wohnhaus des Täters im Stadtteil Reudnitz-Thonberg zu finden. Das ganze Gebiet wurde gestern weiträumig abgesperrt, Beamte durchsuchten die Wohnung des Mannes, aber auch Keller und Garten des Mietshauses. Sie trugen auch Mobiliar zur weiteren Spurensicherung aus dem Haus. „Wir haben neue Hinweise bekommen und untersuchen den Abschnitt zwischen Riebeck- und Holsteinstraße“, sagte Behördensprecher Daniel Kapferer.
Warum sich der Täter auf einem Polizeirevier in Leipzig stellte und welches Motiv er hatte, ist noch unklar. Allerdings hatten die Sonderkommission und das Landeskriminalamt in der vergangenen Woche nach neuen Auswertungen der bisherigen Ermittlungsergebnisse wieder Bürger aus Michelles Wohnumfeld in Reudnitz befragt. Dabei hatten die Ermittler stets um freiwillige Speichelproben gebeten. Auch das DNA-Material von Familienangehörigen, Bekannten und Opfern gehörte dazu. Möglicherweise wurde dem 18-Jährigen der Fahndungsdruck zu groß. Die Leipziger Polizei bestätigte am Montag die Festnahme des mutmaßlichen Mörders.