Endlich: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage
Wer übernimmt die Verantwortung für die Loveparade-Tragödie in Duisburg? Am Mittwoch will sich die Staatsanwaltschaft näher dazu äußern. Am Dienstag hat sie bereits Anklage erhoben.
Duisburg - Die Kerzen und Geschenke an den Gedenkstätten in Duisburg zeigen, wie lebendig die Trauer und die Erinnerung an die Toten sind. Vor dreieinhalb Jahren mussten 21 junge Menschen im Gedränge der Loveparade sterben. Sie wollten Spaß und bezahlten mit ihrem Leben.
Jetzt sind die Ermittlungen abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft hat endlich Anklage gegen mutmaßliche Verantwortliche erhoben, gab sie gestern bekannt. Gegen wen und wie die genaue Formulierung des Tatvorwurfs lautet, soll heute erläutert werden.
Rückblende: Hunderttausende Techno-Fans strömen am Samstag, den 24. Juli 2010, zu dem eingezäunten Veranstaltungsgelände unweit des Duisburger Hauptbahnhofs. Sie feiern ausgelassen. Am Nachmittag wollen die ersten schon wieder nach Hause, andere aber kommen erst am Gelände an. Zwischen 16 und 17 Uhr eskaliert es auf der Eingangs-Rampe, die gleichzeitig der einzige Weg ist, um das Gelände zu verlassen. Es kommt zu einer Massenpanik. Der Tunnel, durch den die Besucher auf die Rampe gelangen, wird zur Todesfalle für 21 Menschen. Sie ersticken, werden zerquetscht oder totgetrampelt. Die Raver sind zwischen 18 und 25 Jahre alt. Mehr als 500 weitere Besucher werden verletzt.
Die Frage, die auch Jahre später unbeantwortet ist: Wer trägt die Verantwortung? Lange schon war klar, dass weder der Chef des Love-Parade-Veranstalters „Lopavent“, Rainer Schaller, noch der inzwischen abgewählte Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland auf der Anklagebank sitzen werden. Für die Strafverfolger waren beide persönlich zu weit weg von den tödlichen Entscheidungen. Gegen sie wurde noch nicht einmal ermittelt.
Aber auch von den bisher 16 Beschuldigten werden wohl nur zehn angeklagt. Wie der „Spiegel“ schreibt, müssen weder Duisburgs Ordnungsdezernent Wolfgang Rabe noch der Leiter des Ordnungsamts, Hans-Peter Bölling, gegen den schon ermittelt worden war, mit einer Anklage rechnen. Auch der so genannte Crowd-Manager des Veranstalters, der am Katastrophentag die Eingangsschleusen zum Party-Gelände kontrollierte, sowie der damalige Polizei-Einsatzleiter Kuno S. werden sich nicht vor Gericht verantworten müssen.
Nach Informationen des Nachrichtenmagazins trifft es wohl nur vier Mitarbeiter von Lopavent, die für Schaller das Event organisierten, und sechs Vertreter der Duisburger Stadtverwaltung – alle aus der Baubehörde, allen voran Dezernent Jürgen Dressler.
Offen ist, warum sich so viele führende Köpfe nicht vor Gericht verantworten müssen. Allen voran der Ordnungsdezernent Wolfgang Rabe. Er hat angeblich nach Lage der Akten den größten politischen Druck ausgeübt, dass die Loveparade in Duisburg stattfindet. „Auch auf Dressler, der sich mit seinen Leuten vom Bauamt gegen die Veranstaltung gestemmt hatte, übte Rabe offenbar so viel Druck aus, dass die Bauverwaltung kurz vor der Katastrophe einknickte und abnickte, was niemals eine Freigabe hätte bekommen dürfen“, schreibt das Magazin.
Was die Staatsanwaltschaft heute bekannt geben wird, kann die Trauer der Angehörigen nicht lindern. Sie werden weiter mit Kerzen und Geschenken an ihre Angehörigen erinnern.
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