Drei von fünf Jugendlichen begehen Straftaten

Egal ob Migrant oder Deutscher - den Nährboden für Kriminalität unter Jugendlichen bilden wenig Bildung, benachteiligte Viertel und schlechte Perspektiven. Aber oft gibt es einen Weg zurück - auch ohne staatliche Hilfe.
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Die Dunkelziffer bei Jugendkriminalität ist sehr hoch
AP Die Dunkelziffer bei Jugendkriminalität ist sehr hoch

Egal ob Migrant oder Deutscher - den Nährboden für Kriminalität unter Jugendlichen bilden wenig Bildung, benachteiligte Viertel und schlechte Perspektiven. Aber oft gibt es einen Weg zurück - auch ohne staatliche Hilfe.

Jugendkriminalität ist weiter verbreitet als allgemein bekannt. Doch kommen die jungen Leute meist auch ohne staatliches Eingreifen wieder auf die rechte Bahn, wie eine am Donnerstag vorgestellte Langzeitstudie der Universitäten Bielefeld und Münster ergab. Die Forscher befragten seit 2002 wiederholt dieselben 3.400 Duisburger Schüler nach kriminellem Verhalten, um auch Licht in das Dunkelfeld unentdeckter Delikte bringen zu können.

Drei von fünf Jugendlichen räumten ein, bis zum 17. Lebensjahr schon mindestens eines der abgefragten Delikte vom Ladendiebstahl bis zum Raub begangen zu haben. Knapp ein Drittel gestand Gewaltdelikte wie Körperverletzung oder Raub. «In der Jugendphase sind leichte und mittlere Straftaten nicht ungewöhnlich», fasste Jost Reinecke von der soziologischen Fakultät der Universität Bielfeld die Ergebnisse zusammen. «Bei den meisten Jugendlichen geht es um das Ausprobieren von Grenzen und sie lernen dadurch die Geltung von Regeln und Normen.»

Ab dem 15. Lebensjahr sinkt die Kriminalitätsrate

Die gute Nachricht: Die Kriminalität geht der Studie zufolge bei allen Deliktarten nach einem steilen Anstieg gegen Ende des Kindesalters schon im Jugendalter wieder deutlich zurück. Der Rückgang setze schon im 15. Lebensjahr ein, berichten die Forscher. Die meisten Jugendlichen begehen der Studie zufolge nur ein bis zwei Taten. «Der allergrößte Teil der Jugendkriminalität regelt sich aufgrund von angemessenen Reaktionen in den Familien und Schulen von selbst», urteilten die Wissenschaftler. Problematisch seien allerdings jugendliche Intensivtäter mit fünf und mehr Gewaltdelikten pro Jahr. Diese Gruppe sei mit rund fünf Prozent der Befragten zwar klein. Doch entfallen auf sie die Hälfte aller eingeräumten Taten und der größte Teil der Gewaltdelikte. Zwar geht der Studie zufolge auch hier bereits ab dem 16. Lebensjahr die Kriminalitätsrate wieder deutlich zurück. Rechtzeitiges Eingreifen des sozialen Umfeldes, der Jugendhilfe und der Justiz böten hier aber die größten Chancen, eine kriminelle Entwicklung zu bremsen.

Hoher Alkoholkonsum verbreitet

Gewaltsame oder gleichgültige Erziehungsmethoden der Eltern steigern der Untersuchung zufolge dagegen bei Jugendlichen den Hang zur Gewalt. Generell sei der Alkoholkonsum der Jugendlichen recht hoch und steige mit dem Alter stetig an, berichteten die Forscher. Ein Viertel der Jugendlichen im 17. Lebensjahr sei nach eigenen Angaben mehr als einmal im Monat betrunken. Alkoholkonsum führe vor allem bei unter 16-Jährigen zu einer deutlich erhöhten Gewaltneigung. Keinen pauschalen Beleg fanden die Forscher für die These, dass vor allem jugendliche Migranten kriminell werden. In Duisburg konnten sie kaum Unterschiede zwischen Jugendlichen türkischer und deutscher Herkunft im Hinblick auf gewalttätiges Verhalten feststellen.

Migranten nicht häufiger kriminell

«Eine erhöhte Verbreitung von Gewalt findet sich meist unter den sozial Schwächeren mit weniger Bildung, aus benachteiligten Wohnvierteln und mit schlechteren Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt», betonte der Kriminologe Klaus Boers von der Universität Münster. Solche Migrantenjugendlichen seien allerdings kaum gewalttätiger als ähnlich benachteiligte deutsche Jugendliche. Ein Wundermittel zur Gewaltprävention gibt es nach Einschätzung der Forscher nicht. So bewirkten abschreckende, einschüchternde oder einfach nur harte Strafen bei Gewalttätern im besten Falle wenig. Meistens seien sie sogar kontraproduktiv. Notwendig sei ein möglichst individuelles Eingehen auf die Jugendlichen mit aufeinander abgestimmten Maßnahmen von Jugendhilfe, Therapie, Polizei und Justiz. (AP)

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