Drama von Ludwigshafen: War es Brandstiftung?

Bei der Suche nach der Brandursache in Ludwigshafen könnte es eine neue Spur geben. Ein Mädchen will Verdächtiges im Hausflur bemerkt haben, und auch von einem Feuer ist die Rede. Die Türkei fordert rasche Aufklärung.
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Bei der Suche nach der Brandursache in Ludwigshafen könnte es eine neue Spur geben. Ein Mädchen will Verdächtiges im Hausflur bemerkt haben, und auch von einem Feuer ist die Rede. Die Türkei fordert rasche Aufklärung.

LUDWIGSHAFEN Fünf Kinder und drei Erwachsene starben, weil sie giftigen Rauch eingeatmet hatten. Eine Frau versuchte sich aus der Feuerhölle von Ludwigshafen zu retten, indem sie aus einem Fenster sprang und erlitt tödliche Verletzungen. Noch ist unklar, warum das vierstöckige Haus in Flammen aufging. Doch seit Dienstag gibt es einen schrecklichen Verdacht: Ein neunjähriges Mädchen will beobachtet haben, wie ein Mann im Treppenhaus Feuer legte.

Der Unbekannte hatte dunkles Haar und habe Deutsch gesprochen, sagte die kleine Aylien gestern in mehreren TV-Interviews. Er habe Papier, ein Feuerzeug und ein Stöckchen dabei gehabt und damit einen Kinderwagen in Brand gesteckt. Dann sei er schnell weggelaufen.

50-köpfige Soko

Die Ermittler in Ludwigshafen nehmen die Beobachtungen der Schülerin sehr ernst. „Wir haben eine 50-köpfige Sonderkommission gebildet, die jedem Hinweis nachgeht – auch diesem“, sagt Polizei- Sprecher Volker Klein zur AZ.

Ein anderes Kind erzählte dem Notarzt, es habe einen lauten Knall gehört, bevor das Feuer ausbrach. In dem Unglückshaus hatten drei türkische Familien gewohnt.

Am Sonntag waren Freunde dort zu Gast, weil der örtliche Fastnachtsumzug unter den Fenstern vorbeizog. 60 wurden durch die Flammen verletzt.

Noch nicht alle Räume durchsucht

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck hatte einen Anschlag mit fremdenfeindlichem Hintergrund zunächst ausgeschlossen. Was sagen die Ermittler nach der Aussage von Aylien? Volker Klein: „Aus meiner Sicht hat sich die Lage nicht verändert.“ Allerdings räumt der Beamte ein, dass die Brand-Experten noch nicht ins hölzerne Treppenhaus vordringen konnten. Das Gebäude sei stark einsturzgefährdet, man könne derzeit nur einzelne Räume durchsuchen – von oben, mit Leitern und Kränen. „Es ist schwierig, eine Prognose darüber abzugeben, wann das Haus sicher genug ist, um nach der Brand-Ursache forschen zu können“, sagt Klein.

Die türkische Regierung verlangte währenddessen nach rascher Aufklärung. „Wir fordern eine Untersuchung, bei der allen Möglichkeiten nachgegangen wird, und die Bestrafung der Verantwortlichen, falls es sich um ein Verbrechen handelt“, hieß es in einer Mitteilung des Außenministeriums in Ankara.

"Wir wollen kein zweites Solingen erleben"

Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan schickte den Minister für im Ausland lebenden Türken, Mustafa Said, sowie mehrere Brandexperten nach Ludwigshafen. „Wir wollen kein zweites Solingen erleben“, sagte er. Der Anschlag auf das Haus der türkischen Familie Genc war vor 15 Jahren – nach den ausländerfeindlichen Übergriffen von Hoyerswerda, Rostock und Mölln – der Höhepunkt einer Welle von fremdenfeindlicher Gewalt in Deutschland. Damals verbrannten zwei Frauen und drei Mädchen.

Natalie Kettinger

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