Dioxin in Eiern: Auch Bayern ist betroffen
HANNOVER - Neuer Lebensmittel-Skandal schreckt Verbraucher auf: In Frühstückseiern aus Norddeutschland wird das gefürchtete Sevesogift gefunden. Das ganze Ausmaß ist noch unbekannt.
Da ist sie wieder: Die Angst vor Dioxin in Lebensmitteln. Seit der Katastrophe im italienischen Seveso im Jahr 1976 gilt TCDD-Dioxin als das gefürchtetest Umweltgift – und zwar völlig zu recht. Umso alarmierender die Meldung, dass in Eiern in Deutschland jetzt beträchtliche Mengen des Seveso-Giftes gefunden wurden. Und zwar imgroßen Maßstab.
Am Montag sperrte das Bundesland Niedersachsen flächendeckend alle Legehennnen-, Puten- und Schweinemastbetriebe – mehr als 1000 Höfe sind betroffen.
Auch in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Sachsen- Anhalt und Thüringen wurden entsprechende Maßnahmen getroffen, dies geschah nach einer eilig einberufenen Telefonkonferenz.
Bayerische Betriebe sind nicht betroffen – möglicherweise aber bayerische Verbraucher. Claudia Schuller vom Landesamt für Gesundheit: „Nach Bayern sind laut unseren Informationen keine Futtermittel aus den betroffenen norddeutschen Betrieben geliefert worden.“ Allerdings wurden aus einem der betroffenen Höfe auch Eier nachBayern geliefert.
Die meisten wurden sicher gestellt, doch ein Teil wurde bereits an weiterverarbeitende Betriebe in Bayern weitergeleitet. Um welche Mengen es sich handelt, konnte die Ministeriumssprecherin zunächst nicht sagen.
„Wir prüfen gerade die Betriebswege, umherauszufinden, wohin die Eier geliefert wurden“, so Claudia Schuller zur AZ. Die sicher gestellten Eier werden getestet, ob sie tatsächlich Dioxin- verseucht sind, ist noch nicht bekannt.
In Nordrhein-Westfalen wurden am Montag 8000 Legehennen getötet, die mit Dioxin verseuchtes Futter gefressen hatten. Die Tiere einer Hühnerfarm im Kreis Soest sollten nach Auskunft des Kreisveterinärs Wilfried Hopp verbrannt werden. Er rechnet damit, dass etwa 120 000 dioxinbelastete Eier des Betriebes in den Verkauf gelangt sind.
„Wir bekommen noch einige tausend aus dem Handel zurück.“ Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sah zunächst keine Gefahr für Verbraucher. „Eine akute Gesundheitsgefahr besteht nicht“, sagte ein Sprecher. Ein Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums erklärte in Berlin: „Entscheidend ist, dass verunreinigtes Futter sichergestellt wird und belastete Produkte nicht in den Handel gelangen.“
Der Futtermittelhersteller Harles & Jentzsch inUetersen in Schleswig- Holstein kaufte nach eigenen Angaben jahrelang Reste aus der Biodieselherstellung sowie der Nahrungsmittelindustrie auf und verarbeitet sie für Viehfutter.
„Wir waren leichtfertig der irrigen Annahme, dass die Mischfettsäure, die bei der Herstellung von Biodiesel aus Palm-, Sojaund Rapsöl anfällt, für die Futtermittelherstellung geeignet ist“, sagte Geschäftsführer Siegfried Sievert dem „Westfalen- Blatt“.
Das Unternehmen erklärte, das Dioxin stamme aus Fettsäure von einer Anlage der Biodiesel-Firma Petrotec im niedersächsischen Emden, die anschließend zu etlichen Tonnen Futtermittel verarbeitet worden sei. Die Petrotec AG erklärte, die an einen niederländischen Händler gelieferte Fettsäure sei allein zur technischen Verwendung und nicht für die Produktion von Viehfutter bestimmt gewesen. Die Staatsanwaltschaft Itzehoe nahm Ermittlungen auf.
mh/jo
So wirken Dioxine
Wie entsteht Dioxin? Dioxin entsteht unerwünscht etwa bei Verbrennungsprozessen mit Chlor und organischem Kohlenstoff bei bestimmten Temperaturen, außerdem bei Waldbränden oder Vulkanausbrüchen.
Wie schädlich ist es? Verschiedene Dioxin- Verbindungen sind unterschiedlich giftig. Bereits geringe Konzentrationen können gefährlich sein. Als Langzeitwirkungen wurden Störungen des Immunsytems, schwere Erkrankungen von Haut, Atemwege, Schilddrüse und des Verdauungstraktes festgestellt.
Wie wird es abgebaut? Die Gifte bauen sich nur sehr langsam ab und reichern sich deshalb auch im Gewebe von Tieren und Menschen an.
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