Dieser Deutsche war (fast) auf dem Mars
In Russland endet ein spektakuläres Experiment: 105 Tage lang simulierten sechs „Astronauten“ den Flug auf den Roten Planeten. In Wirklichkeit würde die Mission sechsmal so lange dauern
MOSKAU Die Eroberung des Roten Planeten rückt näher. In Moskau endete gestern ein Langzeit-Experiment, das den ersten Schritt für einen Flug auf den Mars darstellt. Sechs „Astronauten“ verbrachten 105 Tage völlig isoliert in einer röhrenförmigen Kapsel – und haben dies offenbar gut überstanden.
Die Länge einer Mars-Mission gilt neben den technischen Anforderungen als Haupt-Herausforderung für die Crew. Der Flug auf den Planeten dauert mindestens ein halbes Jahr. Weitere sechs Monate muss die Mannschaft dann auf dem Himmelskörper verbringen, bis sein Abstand zur Erde wieder einen Rückflug erlaubt.
Insgesamt eineinhalb Jahre wird die Mars-Mission dauern, reichlich Zeit, um einiges an psychischen und physischen Problemen anzuhäufen.
Die Männer – vier Russen, ein Franzose und der deutsche Bundeswehr-Hauptmann Oliver Knickel – die jetzt die Kapsel verließen, hatten unter anderem simulierte Notfälle zu meistern. Mit der „Bodenstation“ konnte sie nur mit 40-minütiger Verzögerung kommunizieren – wie bei einem echten Flug zum Mars auch.
Die „Astronauten" machten wissenschaftliche Experimente, kämpften mit regelmäßigem Fitnesstraining gegen Verlust von Knochen- und Muskelmasse und hielten im Schichtbetrieb Kontakt mit der „Bodenstation“. Ein gravierender Unterschied zum All besteht jedoch: Im Container herrschte weiter Schwerkraft.
Um das Verhalten der Gruppe in Stresssituationen zu studieren, musste die Crew zudem missionstypische Probleme lösen. „Wie gehen sie mit ihnen um, welche Lösungsstrategien entwickeln sie, welche Gruppendynamik entwickelt sich?", umreißt Rupert Gerzer vom Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin des DLR die Fragen. „Da entstand jede Menge Stress", sagt ESA-Sprecher Markus Bauer.
Ganz nebenbei dienten die Bewohner der „Mars-WG“ auch als Versuchskaninchen für irdische Medizinfragen. Die Zufuhr von Nahrungsmitteln und ihr Stoffwechsel wurden „vollständig überwacht und dokumentiert“, so das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Wissenschaftler erfassen auch Salzhaushalt und Blutdruck. „Es ist eine gute Gelegenheit, Menschen so lange Zeit unter standardisierten Bedingungen zu beobachten“, sagt Gerzer.
In der Versuchskapsel ging es übrigens nicht gerade luxuriös zu: Es gibt keine Duschen, die Crewmitglieder mussten sich wie bei einer realen Mission mit Feuchttüchern reinigen, die Unterwäsche konnte aus logistischen Gründen nur alle drei Tage gewechselt werden.
Dafür sahen die sechs Männer ganz schön frisch aus, als sie lächelnd ihr Mars-Schiff verließen. Ob sie das nach dem als nächstes geplanten 520-Tage-Test auch tun werden? mh