Die Opfer des Detlef S.

FLUTERSCHEN Es müssen schreckliche Jahre in dem Horrorhaus im Westerwald gewesen sein: Am Wochenende hat Björn B., der heute 27-jährige Adoptivsohn, über die Untaten von Detlef S. ausgepackt. Der 48-Jährige muss sich ab morgen vor dem Landgericht in Koblenz wegen vielfacher Misshandlung und Missbrauch seiner Kinder verantworten.
„Wir haben über viele Jahre hinweg sehr gewalttätige und schreckliche Erfahrungen gemacht”, beschreibt Björn B. in einem Interview mit der Rhein-Zeitung das Martyrium, dem er und seine Geschwister ausgesetzt waren.
„Er hat die Menschen immer nur fertig gemacht.” Prügel waren an der Tagesordnung. „Er hat uns mit einem Bundeswehr-Gürtel zusammengeschlagen.” Er machte auch vor seiner Frau nicht Halt: „Mama wurde bewusstlos geschlagen.”
Er sei ebenfalls missbraucht und fast täglich verprügelt worden. Auch andere beschreiben den nur 1,60 Meter großen Detlef S. als „Horror-Vater”. Er säuft, feiert Partys und tyrannisiert die Kinder. Der 48-Jährige ist raffiniert, er schafft um seine Kinder eine Welt aus Angst und Gewalt. Einmal soll er seinen Sohn unter der Dusche zum Masturbieren aufgefordert haben. Der Junge macht es, weil er fürchtet, blutig geschlagen zu werden. Er droht auch denen, die aus dem Kreis aus Gewalt und Missbrauch ausbrechen wollen und lauert ihnen auf. Einmal will eines der Kinder in der Not zum Jugendamt, da erzählt er von seinen guten Kontakten dorthin.
Neun Mal gerät er mit dem Gesetz in Konflikt: wegen Betrugs, Diebstahls, Fahrens ohne Führerschein und Trunkenheit am Steuer.
Björn B. erhebt aber auch schwere Vorwürfe an das Jugendamt. So ist ihm ein Tag im Februar 1998 besonders in Erinnerung geblieben.
Aus nichtigem Anlass („der Adoptivvater rastete sehr schnell aus”) bezog er wieder einmal Dresche. Björn erleidet einen Nervenzusammenbruch, zittert von Kopf bis Fuß und kommt ins Krankenhaus. Sein Hilferuf ans Jugendamt ist erfolglos.
Er erinnert sich an Sätze, dass eine härtere Erziehung in Großfamilien ganz normal sei und das Versprechen „wir kümmern uns”. „Das hat dann achteinhalb Jahre gedauert”, sagt der 27-Jährige, „alle haben die Augen zugemacht. Keiner hat der Familie geholfen”, klagt er an.
Auch nachdem er selbst aus dem Haus der Familie in Fluterschen ausgezogen war – das war 2002 – habe er jedes Jahr beim Jugendamt nachgehört. „Es hat sich aber nichts getan”, sagt er.
Das Jugendamt hat dagegen jedes Versäumnis von sich gewiesen. „Wir hatten keine Handhabe”, sagt der Sprecher des Jugendamtes Altenkirchen, Joachim Brenner. Die Vorwürfe, dass der Beschuldigte Detlef S. mit seiner Stieftochter Kinder gezeugt habe, hätten damals auch von der Polizei nicht aufgeklärt werden können, weil das mutmaßliche Opfer die Missbrauchsfälle stets vehement verneint habe.