Die Lüge vom Bio-Plastik

Die Umwelthilfe wirft Aldi und Rewe vor, ihre Kunden mit vermeintlich biologisch abbaubaren Tüten zu täuschen.  
Jasmin Menrad |
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So schön grün schauen sie jedoch nur im Supermarkt aus...
Umwelthilfe 2 So schön grün schauen sie jedoch nur im Supermarkt aus...
...denn die Bio-Plastiktüten verrotten nicht, wenn sie auf dem Kompost landen und müssen mühsam mit der Hand aussortiert und dann verbrannt werden.
Umwelthilfe 2 ...denn die Bio-Plastiktüten verrotten nicht, wenn sie auf dem Kompost landen und müssen mühsam mit der Hand aussortiert und dann verbrannt werden.

Die Umwelthilfe wirft Aldi und Rewe vor, ihre Kunden mit vermeintlich biologisch abbaubaren Tüten zu täuschen.

BERLIN Blumen, Tiere, grüne Wiesen: eine heile Welt, die umweltfreundlich, nachhaltig und laut Aufdruck zu „100 % kompostierbar“ ist. Das suggerieren die Bio-Einwegtüten, die Handelsketten wie Rewe und Aldi ihren Kunden an der Kasse anbieten. Greenwashing und Verbrauchertäuschung wirft die Deutsche Umwelthilfe den beiden Konzernen vor. „Diese Tüten sind sogar noch schlimmer als normale Einwegtüten“, sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Umwelthilfe. Jetzt prüft die Umwelthilfe, ob sie rechtliche Schritte einleitet.

Was heißt Bio-Kunststoff? Im Gegensatz zu Lebensmitteln steht Bio hier nicht für einen ökologischen Anbau, sondern für „(teilweise) biobasiert“ oder „biologisch abbaubar“. Kunststoff kann nicht komplett aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, da Zusätze wie Gleitmittel und Stabilisatoren aus Rohöl sind. Auch das Umweltbundesamt sagt, dass dieser Kunststoff keine bessere Umweltbilanz hat, als normaler Plastik.

Aus was bestehen die Bio-Plastiktüten? Es wird ein Mix aus erdölbasierten und nachwachsenden Rohstoffen verwendet. Etwa zu 30 Prozent bestehen die Tragetaschen aus dem Kunststoff PLA. Der wird aus gentechnisch modifiziertem Mais gewonnen und aus den USA importiert. Zu 70 Prozent bestehen die Tüten aus dem Kunststoff Ecoflex, der aus Rohöl hergestellt wird.

Was ist die Norm DIN EN 13432? Laut Aufdruck sind die Tüten zu 100 Prozent nach eben dieser Norm kompostierbar. Die besagt, dass die Tüten bei bestimmten idealen Faktoren innerhalb von zwölf Wochen zu mindestens 90 Prozent zersetzt sein müssen. Viel zu lang für deutsche Kompostieranlagen, die mit deutlich kürzeren Verweilzeiten zwischen ein und zehn Wochen arbeiten.

Darf ich die Bio-Tüten in die braune Tonne werfen? Verboten ist es in München (noch) nicht, die Abfallwirtschaftsbetriebe sehen es aber nicht gerne. Weil die Tüten nicht schnell genug verrotten, werden sie als Störstoffe aussortiert und verbrannt. Zudem ist der Druck meist nicht mehr lesbar ist, so dass man sie nicht von herkömmlichen Tüten unterscheiden.

Wie sehr schaden Plastiktüten der Umwelt? Je nach Kunststoffart kann die Zersetzung von Plastiktüten zwischen hundert und fünfhundert Jahren dauern. Das belastet die Umwelt enorm. Im Meer sammeln sich strömungsbedingt riesige Müllinseln. Allein im Mittelmeer treiben derzeit rund 500 Tonnen Plastikmüll. Landen die Bio-Tüten im Meer, können sie dort laut britischen Wissenschaftlern nicht verrotten und brauchen so lang dazu, wie echte Plastiktüten.

Werden Plastiktüten bald verboten? In Frankreich und Italien sind sie das schon, in anderen Ländern wird mit Abgaben gegen die Kunststoffsackerl vorgegangen. Seit dem vergangenen Jahr diskutiert Brüssel ein europaweites Verbot. Mindestens eine Besteuerung wird es geben – wenn sie nicht gar endgültig aus den Supermärkten verbannt werden. Denn jeder Europäer verwendet durchschnittlich 500 Tüten im Jahr, Deutschland kommt auf 65 pro Bürger.

Gibt es grüne Alternativen? Nein, die einzige umweltfreundliche Art, die Einkäufe nach Hause zu tragen, sind Stofftaschen oder Nylontaschen. Da gibt es vom schlichten bis zum flippigen Modell eine große Auswahl. Oft sind sie faltbar und lassen sich so bequem mitnehmen. 

 

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